Mülheim. Jasper Krafft (26) hat seit Kindertagen ein Faible für Mode. Einkäufer im Modebusiness - das wäre etwas für den Mülheimer, der bald zusätzlich noch BWL studieren möchte.

„Jacken sind die Königsdisziplin“, verrät Jasper Krafft und hält einen geschmackvollen Blazer aus graukariertem Wollstoff hoch. „Die müssen genau passen.“ Taschen, Revers, Nähte – bei Karo fällt jede Ungenauigkeit besonders auf. Sein selbst genähter Blazer sieht perfekt aus. Jedes Detail ist akkurat.

„Mir hat das Nähen schon in der Schule Spaß gemacht, obwohl das erste Mal an der Nähmaschine eine Katastrophe war.“ An der Waldorfschule strickten und nähten alle Kinder, und Jasper legte früh die Grundlagen für seinen Traumberuf Modedesign. Seinen Weg dahin geht er konsequent. Vor kurzem hat der 26-Jährige seine Prüfung zum Bekleidungstechnischen Assistenten mit der Note 1,1 gemeistert und ist stolz darauf.

„Ich bin kreativ erzogen worden“, lobt Jasper Krafft seine Eltern. Brigitte Voss-Krafft führt als „Stadtrandperle“ den feinen kleinen Laden „Tuchfühlung“. Reiner Krafft, Geschäftsführer von „Eltern werden, Eltern sein”, wollte als Jugendlicher selbst Modedesigner werden und ist in Mülheim auch als Musiker bekannt.

Von der Pike auf Schneidern gelernt

Waldorfschüler Jasper wechselte nach der 12. Klasse auf das Hugo-Kükelhaus-Berufskolleg für Gestaltung in Essen und erwarb die Fachoberschulreife. Parallel dazu hospitierte er ab 2008 im Theater an der Ruhr. „Ich habe die Proben zu ‚Treppe nach oben‘ und ‚Helden‘ begleitet und als Kostümassistent ausgeholfen“, erzählt er. „Während der Proben war ich für die Kostüme zuständig. Für ‚Helden‘ habe ich schon mit genäht und für Maria Neumanns ‚Däumelinchen‘ ihre beiden Kostüme alleine geschneidert.“ Für die Inszenierungen des Jungen Theaters „Clavigo“ und „Licht Bitte“ entwarf er Kostüme und spielte selbst eine kleine Rolle.

„2012 bin ich nach Aschaffenburg gezogen, um auf die Bekleidungsfachschule zu gehen.“ Jasper Krafft lernte noch mal von der Pike auf Schneidern, Schnitterstellung, Materialkunde, Gestaltung und BWL. Nach dem Abschluss im Juni schließt er nun die halbjährige Weiterbildung zum Modeschneider an. Die Hälfte dieser Zeit verbringt er als Praktikant einer Modefirma.

Krafft bleibt bodenständig

Ab Wintersemester 2015/16 will der Modebegeisterte in Aschaffenburg BWL studieren. „Das ist eine Vernunftentscheidung. Allein auf Modedesign zu setzen, ist zu riskant. Mich interessiert auch das Modebusiness, und ich kann gut mit Zahlen umgehen.“ Das Studium will sich der umtriebige Mülheimer mit einem weiteren Beruf finanzieren: Er durchläuft gerade das Auswahlverfahren zum Flugbegleiter. So hofft er auch, wieder in Metropolen wie New York zu landen, das er privat bereits als Modeparadies erkundet hat.

Im Zielanflug auf seinen Traumberuf bleibt der Mülheimer bodenständig: Er kann sich vorstellen, als Einkäufer für Modefirmen zu arbeiten. „Die bestimmen, was in der nächsten Saison in die Läden kommt, und entwerfen auch selbst.“ Zurzeit jobbt er als Kostümdesigner bei einem Aschaffenburger Amateurtheater. Zwischendurch hat er sich Zeit genommen, um zu Hause seinen Geburtstag zu feiern. Nein, er hat keine Nähutensilien bekommen. Die sind längst komplett.