Mülheim. . Der Vorschlag der Verwaltung, für ein einzelnes Projekt die Grundsteuer zu erhöhen, hat die Politik aufgeschreckt. Die IHK warnt bereits.
Steigende Soziallasten, weniger Schlüsselzuweisungen vom Land, ein wachsender Bedarf für den Erhalt der städtischen Infrastruktur, Ausbau der Kinderbetreuung, Schadensbewältigung nach Stürme wie Ela, mehr Personalkosten – gut möglich, dass der Kämmerer wie einige seiner Kollegen Ende des Monats der Politik weitere Steuererhöhungen vorschlagen wird, um irgendwie noch halbwegs über die Runden zu kommen.
„Ich rechne hundertprozentig damit, dass der Vorschlag kommt“, sagt der FDP-Fraktionschef Peter Beitz, vor allem bei der Grundsteuer B. Die muss jeder Immobilienbesitzer und damit meist auch der Mieter bezahlen. Der Bürger sei genug ausgepresst, betont Beitz. Er ist nicht der Einzige, der so denkt. „Für uns wäre der Weg der allerletzte“, betont der CDU-Fraktionsgeschäftsführer Hans-Georg Schiemer. Sparen bedeute nicht, stets Steuern zu erhöhen. Und die Grünen signalisieren: „Freude hätte daran keiner bei uns.“ Doch sieht man überall den steigenden Bedarf. „Wo sollen wir denn noch sparen?“
Der Rat hat bereits im vergangenen Jahr beschlossen, Grundsteuer und Gewerbesteuer Schritt für Schritt in den kommenden Jahren zu erhöhen. Die Grundsteuer steigt von derzeit 560 Punkten ab 2015 auf 590, dann auf 620 und ab 2019 auf 650 Prozentpunkte. Ob das dem Kämmerer reicht? Der Rat kann, wenn er eine weitere Erhöhung für unumgänglich hält, seine Beschlüsse korrigieren.
255 Vorschläge in vier Jahren zur Verbesserung
Der Rat hat in den vergangenen vier Jahren 255 Maßnahmen beschlossen, die mittelfristig zu einer jährlichen Haushaltsverbesserung von rund 93 Millionen Euro führen können.
Die Stadt gehört dem Aktionsbündnis „Raus aus den Schulden“ an und setzt sich dafür ein, dass der Bund die Kommunen finanziell besser ausstattet.
IHK warnt vor erneuter Erhöhung
Was die Politiker in diesen Tagen nachdenklich gestimmt hat, war ein Vorschlag aus dem Schul- und Sportdezernat für den Zuschuss zum Neubau einer Sporthalle die Grundsteuer in den nächsten Jahren anzuheben. Das zeige, wie kritisch die Lage in diesen Wochen sein muss, meinen einige Ratsmitglieder besorgt. Andere wünschten sich noch einmal die Zeiten der 60er und 70er Jahren zurück, als der Neubau einer Sportstätte mit Links durchgewunken wurde.
Bei der IHK warnt man davor, weitere Steuern zu erhöhen. „Auf keinen Fall, und erst recht nicht im Ruhrgebiet“, sagt Geschäftsführer Dr. Gerald Püchel. Schon jetzt bewegten sich Städte wie Mülheim im Vergleich in Richtung Spitze. Unternehmen seien zudem von der Gewerbesteuer und der Grundsteuer doppelt betroffen. „Der Anreiz, sich in so einer Stadt anzusiedeln, wird dadurch nicht gesteigert“, betont Püchel.
Große Einigkeit besteht in der Mülheimer Politik darin, auf keinen Fall für einzelne Projekte die Bürger mit höheren Steuern zu belasten. „Man würde dadurch Tür und Tor für Wünsche öffnen.“ Gar für „unseriös“ hält Klaus Kuczera von den Grünen den Vorschlag, Neubauten durch eine die gesamte Bürgerschaft treffende Steuererhöhung zu finanzieren.