Mülheim. . 18 Feuerwehr-Anwärter nehmen am ABC-Lehrgang auf dem MVG-Gelände gegenüber der Hauptwache teil. Das Szenario der Übung: Gefahren nach einem Unfall in einem Chemie-Betrieb. Für die jungen Leute ist es Schwerstarbeit.
Freitagmorgen. Fünf rote Feuerwehr-Lkw und zwei -Pkw rollen auf das MVG-Gelände gegenüber der Hauptwache. 18 Feuerwehr-Auszubildende – 17 Männer und eine Frau – steigen aus und beginnen sogleich mit der Arbeit. Das angenommen Szenario des ABC-Lehrgangs: ein möglicher Chemie-Unfall.
Kurz und knapp sind die Meldungen, die über die Sprechfunkgeräte ausgetauscht werden. Die vermeintliche Gefahr lauert in vier blauen Stahl-Containern und einem weißen Plastikbehälter, die mit Gefahrenzetteln markiert sind. Hinter einem der Container hockt Hauptbrandmeister Patrick Sondermann, der die Rolle eines möglicherweise verseuchten Opfers spielt.
„Die erste Aufgabe ist, den Gefahrenbereich zu markieren“, erklärt Thorsten Drewes, Brandoberinspektor und Sprecher der Feuerwehr. Zwei angehende Feuerwehrmänner sperren das Gelände mit Flatterband ab. Zwei weitere rollen derweil unzählige Meter von gelben Schläuchen aus. „Bei solchen Einsätzen werden immer alle drei Löschmittel – Wasser, Schaum und Pulver – für einen möglichen Löschangriff bereit gehalten“, sagt Thorsten Drewes, der bei dieser Übung die Dekontamination – die Entfernung von gefährlichen Verunreinigungen – leitet. Dafür muss eine Dekontaminationsanlage, an deren Eingang eine Dusche eingebaut ist, aufgebaut werden. „Im Ernstfall muss sie in 15 Minuten stehen“, sagt Drewes.
Hauptschulabschluss für mittleren Dienst notwendig
Derweil wagen sich zwei Männer in orangefarbenen Schutzanzügen und mit roten Atemluft-Behältern zu den Containern, identifizieren die Chemikalien – und entdecken das mögliche Opfer. Patrick Sondermann wird wenig später in die Dekontaminationsanlage gebracht. An die Dusche schließt sich ein graues Zelt an: im Innern zunächst mit einem „schwarzen“ Bereich (sprich: noch gefährlich). Die möglicherweise verseuchte Kleidung muss abgelegt werden. Erst dann geht es in den weißen Bereich.
Den „schwersten“ Job haben heute jene, die in den roten Sicherheitsanzügen stecken und Michelin-Männchen sehr ähnlich sehen. Mit Anzug und Atemluft-Flasche schleppen sie gut 25 Kilo mit sich. „Es ist alles sehr langsam, so ähnlich wie bei der Mondlandung“, sagt Azubi Frank Kessler (37). Lisa Hammerschmidt (30) fügt schweiß-gebadet hinzu: „Es ist sehr anstrengend, aber auch interessant.“ Sie reize die berufliche Abwechselung. „Man weiß nie, was kommt. Es ist mein Traumjob.“
Wer Feuerwehrmann oder -frau werden will, muss für den mittleren Dienst einen Hauptschulabschluss sowie eine handwerkliche Ausbildung vorweisen. Für den höheren Dienst ist ein Studium Voraussetzung.
800 bis 850 Bewerber
Alle zwei Jahre beginnt bei der Feuerwehr in Mülheim ein Grundlehrgang, der sich über 18 Monate erstreckt. Über mangelnde Nachfrage kann sich die Feuerwehr nicht beklagen. „Es sind etwa immer 800 bis 850 Bewerber auf zwölf bis 14 Stellen“, erklärt Thorsten Drewes, Sprecher der Mülheimer Feuerwehr. Die reinen Zahlen täuschten allerdings darüber hinweg, „dass es manchmal trotzdem schwierig ist, die Passenden zu finden“. Viele würden beispielsweise die körperlichen Voraussetzungen, die man für diesen Beruf mitbringen muss, unterschätzen.
Ihre Tauglichkeit müssen Bewerber während eines drei- bis viertägigen Auswahlverfahrens unter Beweis stellen. Einzelkämpfer sind nicht gern gesehen. „Bei uns sind Teamplayer gefragt“, erklärt Thorsten Drewes. In der Regel – so der Feuerwehrsprecher – würden die Anwärter nach erfolgreicher Ausbildung übernommen.