Mülheim. . Die Unternehmen in Mülheim arbeiten mit der Stadt daran, Talente zu sichern und Bildungskarrieren vor dem Scheitern zu bewahren. Darin sehen sie eine gute Chance, den sich verstärkenden Fachkräftemangel zumindest zu mildern. Darüber hinaus, heißt es, sei aber noch viel mehr nötig.
Eine aktuelle Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC zeigt eine besorgniserregende Entwicklung im Ruhrgebiet auf: Bis 2030 wird es zu einem gravierenden Mangel an Arbeitskräften kommen. Für Mülheim wird ein Verlust an Erwerbstätigen von 6,5 Prozent vorhergesagt. „Wir werden“, sagt Hanns-Peter Windfeder, Vorsitzender des Unternehmerverbandes Mülheimer Wirtschaft, „gezielter und stärker in die frühe Förderung einsteigen müssen.“
Talente heben, Lerndefizite früh ausgleichen, Hilfestellungen denen geben, die auf dem Weg in den Beruf zu scheitern drohen – darin sieht Windfeder eine gute Chance, die Facharbeiterlücke möglichst klein zu halten. Für ihn ist das eine entscheidende Aufgabe für die nächsten zehn, 15 Jahre. Eng arbeitet dabei die Mülheimer Unternehmerschaft bereits mit dem Bildungsdezernat der Stadt zusammen, um gerade in den Stadtteilen, wo die Gefahr des frühen Scheiterns groß ist, zu helfen. Windfeder nennt dabei ein konkretes Beispiel: Mit Hilfe der Rotarier erhalten in einer Kita an zwei Tagen die Kinder Lernförderung, die schon vor dem ersten Schultag einen deutlichen Bildungsrückstand aufweisen. „Gleiche Ausgangschancen zu Beginn der Schullaufbahn“ sei das Ziel. Es dürfe nicht sein, dass im Süden der Stadt 80 Prozent der Kinder Abitur machen, in manchen nördlichen Stadtteilen dagegen nur 15 Prozent.
Allein gegen wachsende Konkurrenz machtlos
Windfeder ist überzeugt: Nur durch Zuwanderung werde sich das Facharbeiterproblem nicht lösen lassen. Parallel zur Frühförderung müssten die Unternehmen weiter versuchen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Die Kinderbetreuung müsse weiter gestärkt, die Rückkehr von Frauen in den Beruf gefördert und der Anteil der Migranten in den Betrieben erhöht werden.
Vor allem hoch qualifizierte Fachkräfte machen einen Bogen um das Revier, stellt die Studie fest. „Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Tatendefizit. Es mangelt an einer gemeinsamen Antwort des Reviers darauf“, betont der Hautgeschäftsführer des Unternehmerverbandes, Wolfgang Schmitz. Für ihn steht fest: „Keine Revierstadt kann den Wettbewerb um Fachkräfte und Investitionen allein gewinnen. Nur gemeinsam können wir es mit der Konkurrenz aufnehmen.“ Dazu müsse die Kooperation der Städte deutlich ausgebaut werden – mit dem Ziel, die Attraktivität des Ruhrgebietes als Lebens- und Wirtschaftsraum zu steigern. Steigende Steuern für Betriebe und der Mangel an Gewerbeflächen bedeuten für Schmitz das Gegenteil.