Mülheim. Beim Radweg auf alter Trasse der „Rheinischen Bahn“ gehen die Stadt Mülheim und der RVR für den Weiterbau ab Hauptbahnhof ab sofort Hand in Hand. Die Stadt will planen und bauen, der Regionalverband Millionen zuschießen. Ein Förderantrag dafür ist gestellt.
Hinter den Kulissen liefen die Verhandlungen heiß, doch jetzt ist klar: Die Stadt will den Weiterbau des Radweges auf alter Trasse der Rheinischen Bahn ab Hauptbahnhof und über die Ruhr in Eigenregie in Angriff nehmen. Nur so kann sie noch ihr ehrgeiziges Ziel erreichen, den Radweg zur neuen Hochschule zumindest zeitnah zu deren Eröffnung im Herbst 2015 freizugeben.
Kalkulierte rund 10 Mio. Euro Investitionsmittel verschlingt der relativ kurze Abschnitt vom Hauptbahnhof bis zur anderen Ruhrseite. Das Teilstück der Innenstadt ist deshalb so kostspielig, weil das Brückenbauwerk aufwändig zu sanieren ist. Dieser Umstand war lange Zeit der Knackpunkt, warum aus den ehrgeizigen Plänen noch keine Taten abgeleitet werden konnten. Erst fiel die bisherige Fördermöglichkeit über das Ökologieprogramm Emscher-Lippe (ÖPEL) weg, mussten mit mehreren NRW-Ministerien Finanzierungsalternativen abgestimmt werden. Schließlich machte der RVR einen Rückzieher von seinem Plan, die Brücke selbst zu kaufen und zu sanieren.
Stadthäuser-Idee war gescheitert
Wie unlängst berichtet, versuchte die Stadt sich vergeblich an einem Investorenprojekt, das eine Randbebauung der Bahnbögen mit Stadthäusern vorsah. Die Idee dahinter: Mit den Erlösen aus Grundstücksverkäufen sollte der 30-prozentige Eigenanteil bei einer Städtebauförderung des Radwegs aufgebracht werden. Letztlich aber lehnte wiederum der RVR ab, weil die Stadthäuser-Planung dem Radweg 3 Meter 50 (statt bislang verlautbarten 50 Zentimetern) Breite gekostet hätte. Der RVR akzeptiert auf geplantem Radschnellweg keine Engpässe.
Nun ist eine Alternative mit dem RVR verabredet: Mülheim hat laut Planungsamtschef Jürgen Liebich Förderanträge bei der Bezirksregierung eingereicht, die vorsehen, dass die Stadt das 10-Millonen-Euro-Projekt bei 70-prozentiger Förderung vom Land selbst angeht. Den Eigenanteil der Stadt schießt der RVR zu. man hofft, zum Jahresende eine Förderzusage zu bekommen.
Stadt will Brückenbauwerke kaufen
Dieses Finanzierungsmodell bedeutet, dass die Stadt Bahnbögen und -brücke kaufen wird. Liebich erwartet in ein, zwei Wochen erste städtebauliche Entwürfe für die Radwegtrasse von einem beauftragten Essener Büro. Das Büro soll dabei die Ideen aus der Charrette-Planung zum Rathausmarkt berücksichtigen. Dort war für die Bahnbögen die Idee einer Stadtbühne geboren worden – einer Plattform am Rande des künftigen Rad- und Fußweges, die den Blick auf Markt, Rathaus und Ruhrbania bietet und zum Verweilen einlädt.
Knifflig bleibt, wie der Weiterbau links der Ruhr gestemmt werden kann. Laut Liebich arbeitet das Amt für Verkehrswesen und Tiefbau an einer Lösung.
In Heißen hat der Lückenschluss begonnen
Ganz im Osten der Stadt hat der Regionalverband Ruhr (RVR) begonnen, sein ehrgeiziges Mobilitätsprojekt auf Mülheimer Stadtgebiet zu führen. Die Bauarbeiten im Norden des Frohnhauser Wegs in Heißen laufen, um dort den Lückenschluss der Radwege auf den Trassen der Rheinischen Bahn und der Essener Gruga zu schaffen. Wenn’s nach Plan läuft, hat Mülheim schon Mitte 2015 eine attraktive Radwegeverbindung vom Hauptbahnhof bis zum Essener Univiertel und zur dortigen Innenstadt.
Von der Uni in Essen führt der Radweg „Rheinische Bahn“ schon heute nah an die Stadtgrenze zu Mülheim heran. Ab sofort rollen Bagger dafür, dass der Rad- und Fußweg vom Kaldenhoverbaum in Essen-Frohnhausen aus 1,4 Kilometer weiter nach Heißen gebaut werden. 1,4 Mio. Euro werden investiert in den Lückenschluss zur Grugatrasse, die vom Frohnhauser Weg bis zur Ruhr in Essen-Steele durchgebunden ist.
Bedenken des Landschaftsbeirates sind auszuräumen
Der neue, vier Meter breite Radweg wird asphaltiert. Mit Abstand eines halben Meters Grünstreifen lässt der RVR einen zwei Meter breiten Kies- als Fußweg anlegen. Der 350 Meter lange breite Abzweig von der „Rheinischen Bahn“ zur Gruga-Strecke bekommt eine Kiesschicht. Zwei Brückenbauwerke (Kaldenhoverbaum, Heißener Straße) sind zu sanieren. Im Frühjahr 2015 soll der Lückenschluss geschafft sein. Die EU trägt 50, das Land 30 und der RVR 20 Prozent der Kosten.
Viele Mülheimer warten auf den Weiterbau gen Hauptbahnhof. Hier weiß Ulrich Carow als Bereichsleiter beim RVR nur zu gut um die „Hasenfüße“. Wie berichtet, hat Mülheims Landschaftsbeirat Bedenken, sollte der Weg auf 4,5 Kilometern Länge komplett asphaltiert werden. Spezielle Fauna und Flora, die sich an der alten Bahntrasse entwickelt haben, gelte es zu schützen. Wie Carow und Mülheims oberster Verkehrsplaner Klaus-Dieter Kerlisch am Montag bestätigten, wird weiter um einen Konsens gerungen. Für Carow ist die Asphaltierung ein Muss. Nur so sei ein Ganzjahresbetrieb möglich. Klar werde es zunächst gravierende Einschnitte in die Ökologie ringsum geben. Der RVR könne aber beweisen, dass sich Fauna und Flora mit der Zeit wieder erholen.
Nach einem Baustopp zuletzt ist noch die Hälfte der alten Schienen zu entfernen, im Herbst will der RVR die Trasse freischneiden lassen, in diesem Jahr noch soll ein hoher Zaun gebaut werden – zur Absicherung der benachbarten Personenzugstrecke. Bis Mitte 2015 muss der RVR den Radweg gebaut haben, um alle Fördermittel abrufen zu können.