Mülheim. In einem Brief an NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft stellen Mülheim und sechs andere Kommunen klar, dass weitere Lärmbelastungen für ihre Bürger durch eine Flughafen-Erweiterung in Düsseldorf nicht zu tolerieren seien.
In Erwartung einer baldigen Beteiligung der Öffentlichkeit am Genehmigungsverfahren für die geplante Erweiterung des Düsseldorfer Flughafens geht die Stadt Mülheim jetzt in einem Bündnis mit sechs weiteren Anrainerkommunen in die Offensive: In einem gemeinsamen Schreiben an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft lehnen Mülheim, Essen, Kaarst, Krefeld, Meerbusch, Ratingen und Tönisvorst strikt die Pläne des Airports ab, seinen Flugbetrieb deutlich auszuweiten. Weitere Lärmbelästigungen, heißt es in dem Papier, seien den lärmgeplagten Bürgern im Umfeld nicht mehr zuzumuten.
Der Flughafen macht für seine Pläne, die Zahl der Flüge zu den verkehrsstarken Tageszeiten am frühen Morgen und späten Abend deutlich zu erhöhen, einen Nachfrageüberhang der Fluggesellschaften am Standort geltend. 25 Prozent liege dieser über den derzeit möglichen 45 Starts und Landungen. Die unbefriedigte Nachfrage liege so hoch wie kaum anderswo in Europa, dies sei ein Standortnachteil für NRW. Der Flughafen will in Zukunft deutlich flexibler agieren können. Zu den Spitzenzeiten morgens und abends sollen bis zu 60 Flugbewegungen pro Stunde möglich werden. Der Flughafen will 252.000 Flüge pro Jahr abwickeln können. 212.000 sind aktuell möglich.
Grenzen der Belastbarkeit sollen Kapazität bestimmen
Das benannte Aktionsbündnis der sieben Städte erteilt den Plänen nun in konzertierter Aktion „eine entschiedene Absage“, wie es in dem Brief an Ministerpräsidentin Kraft heißt. Die Städte seien sich der Bedeutung des Flughafens für Wirtschaft und Mobilität ja bewusst. „Aber: Nicht der Bedarf kann am Düsseldorfer Flughafen den Flugverkehr dimensionieren, sondern die Grenzen der Belastbarkeit seines Umfeldes bestimmen die Kapazität!“ Die Städte pochen auf die Einhaltung des Angerland-Vergleiches, der zum Schutz der Bewohner im Ballungsraum eine Einschränkung des Luftverkehrs vorsieht. Eine weitere Aushöhlung dieses Kompromisses aus dem Jahr 1965 sei nicht zu dulden.
Mit Blick auf sich verdichtende Nachweise gesundheitlicher Risiken für Menschen, die im Umfeld von Flughäfen wohnen, aber auch in ein Gutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen, der der Bundesregierung gravierende Defizite beim Schutz der Bürger vor Fluglärm aufgezeigt habe, sagen die Bündnis-Städte: Wir sind „verpflichtet, dem Schutzbedürfnis der Menschen, ihrer Gesundheit und dem Schutz der Nachtruhe Geltung zu verschaffen“. Hierzu bestehe ein breiter politischer Konsens in den Städten, entsprechend untermauert durch Resolutionen der Stadträte.
Eine Stadt könnte Musterklägerin werden
Die sieben Städte kündigen im Schreiben an Hannelore Kraft an, sich in Zusammenarbeit mit den örtlichen Anti-Fluglärm-Initiativen dem Vorhaben der Betriebserweiterung „entschlossen entgegenzustellen“. Laut Aussage aus dem Mülheimer Umweltamt könnte dies darin münden, dass das Bündnis eine seiner Städte als Musterklägerin vorschickt, alle anderen könnten sich an der Finanzierung beteiligen. Vom Land fordert das Aktionsbündnis die Erarbeitung einer Luftverkehrskonzeption, in der ein fairer Ausgleich aller Interessen abgebildet wird.
Die Städte selbst haben eine Arbeitsgruppe gebildet mit Fach-, Planungs- und Rechtsexperten aus ihren Verwaltungen. Mit an Bord sind in dieser Arbeitsgruppe auch die Städte Duisburg und Neuss. Hier soll die gemeinsame Gegenstrategie zu den Düsseldorfer Plänen entworfen werden.
Netzwerk - Ein "klares politisches Signal"
Das Mülheimer Netzwerk gegen Fluglärm begrüßt das „klare politische Signal“ der Bündnis-Städte.
Netzwerk-Sprecher Waldemar Nowak sagte, das gemeinsame Auftreten der Anrainer sei noch mal eine „Akzentuierung“ des Standpunktes, „dass unsere Bevölkerung schon hinreichend belastet ist durch additive Lärmquellen in dieser Region“.
Für das eigene Netzwerk kündigte Nowak an, dass man ebenfalls den Schulterschluss mit Initiativen in anderen Städten suche. „Eine Musterklage gegen die neue Betriebsgenehmigung bereiten wir bereits vor.“
Mülheims Umweltamt registrierte seit Pfingsten wieder vermehrt Klagen über Fluglärm, erstmals auch eine Beschwerde aus Speldorf.
Dieser gemeinsame Schulterschluss, schrieb die Stadt am Donnerstag in einer Mitteilung für die Medien, sei einzigartig.