Mülheim. . Die Landwirte nutzen die trockene Wetterperiode, um die Ernte einzufahren. Das Frühjahr mitdem Pfingststurm und dem regenreiche Juni hat keine optimalen Bedingungen hinterlassen.
Mit gemächlichem Tempo arbeitet sich die Erntemaschine auf dem Kartoffelacker vor. Landwirt Hermann Terjung sitzt vorne im Traktor und zieht einen Vollernter hinter sich her. Drei Arbeiter stehen oben auf der landwirtschaftlichen Maschine. Sie sortieren die geernteten Kartoffeln – und schwitzen in der Gluthitze, die am Wochenende ganz Mülheim gelähmt hat. Die Sonne brennt vom Himmel.
Während die meisten Menschen vor der Hitze fliehen – ins Schwimmbad, unter den Sonnenschirm im Garten oder ins Eiscafé – sind die Landwirte in der Stadt vollends ausgelastet mit der Ernte. Kartoffeln sind an der Reihe, vor allem aber die Wintergerste, die spätestens bis zum Sonntag runter von den Feldern musste. Und zwar bevor das erste Gewitter wieder für Nässe sorgen konnte.
Ernteausfall von 15 bis 20 Prozent
Hermann Terjung hat seinen Hof in Raadt. Seine Felder liegen an den Hängen des Höhenzuges, der zwischen Forstbach- und Rossenbecktal vom Flughafengelände bis hinunter zur Ruhr verläuft. Der Berchter Hof ist schon seit mindestens fünf Generationen im Familienbesitz, über dem Eingangstor der Scheune prangt eine Jahreszahl: 1868. „Das Wohnhaus ist aber noch etwas älter“, sagt Terjung und deutet mit der Hand auf den Fachwerkbau gegenüber der Scheune.
Der Frühsommer ist für die hiesigen Bauern alles andere als optimal verlaufen. Vor allem als Pfingststurm „Ela“ wütete, dürften die Landwirte in kollektives Entsetzen ausgebrochen sein. Haufenweise umgeknickte Getreidehalme waren die offensichtlichste Folge des heftigen Unwetters am Pfingstmontag. Oben auf den Ruhrhöhen liegen teilweise ganze Felder flach auf dem Boden; einfach geplättet vom Wind. Dann folgte der regenreiche Juni, immerhin sorgten Hitze und Sonnenschein nun für ein paar Tage mit trockenen Erntebedingungen.
„Man ist sein eigener Herr“
„Ich muss wohl mit 15 bis 20 Prozent Ernteausfall rechnen“, sagt Hermann Terjung. Trotz der finanziellen Schäden, die er verkraften muss, behält der 41-Jährige seinen Humor. „Meine Frau ist das Schuld“, sagt er und lacht. „Denn die heißt Michaela.“ Wie das Tiefdruckgebiet Anfang Juli.
Terjung hat den Hof vor einigen Jahren von seinem Vater übernommen. Die Entscheidung, die landwirtschaftliche Tradition seiner Familie fortzuführen, fiel schon in seiner Jugend. Nach dem Fachabitur in Chemie studierte er Landbau in Soest und kam als Angestellter zurück auf den elterlichen Hof. Was macht einen Beruf aus, in dem frühes Aufstehen und Arbeitszeiten bis in die Nacht zum Alltag gehören? „Man ist sein eigener Herr“, sagt Terjung, während er über das Hofgelände führt. Rund 20 Maschinen stehen hier, hinter der Scheune grasen ein paar Kühe. „Die dienen aber nur der Landschaftspflege“, so der Landwirt. Die friedlichen Tiere lenken den Blick ab von der harten Arbeit und lassen an Urlaub denken. Ein Idyll, keine zehn Kilometer von der Innenstadt entfernt. Die Füße hochlegen können die Landwirte nicht: Raps, Weizen und Hafer müssen noch eingefahren werden.