Den besten Blick auf den durchaus attraktiven Einwanderer aus dem Kaukasus hat man von hoch oben an Bord der Weißen Flotte: Mannshoch und höher drängen sich die Herkulesstauden jetzt wieder an den Ufern der Ruhr. Sie stehen in schönster, weißer Blüte und sind beliebt bei Biene und Co. Und doch erzählen die Menschen sich auch in diesem Jahr wieder grausige Geschichten über die Pflanze. Fast jeder kennt einen, der einen kennt, der sich mal an ihr verletzt hat.

Und es stimmt ja auch: „Sie ist zwar nicht giftig“, sagt Corinne Buch von der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet, „doch der Mix aus Pflanzensaft und Sonnenlicht kann zu schweren Verbrennungen führen.“ Das ist natürlich nicht gut fürs Image, ebenso wenig wie die Auffassung, die Staude verdränge heimische Gewächse. „Das allerdings trifft nicht zu“, betont die Botanikerin. Die auch Riesenbärenklau genannte Pflanze wachse zwar dominant, „aber es bleiben genügend Lücken für andere Pflanzen“. Und es sei auch noch nie eine Art durch den Bärenklau ausgerottet worden. „Da schiebt man dem Falschen den Schwarzen Peter zu“, sagt Buch. Für sie sind die intensive Landwirtschaft und der hohe Flächenverbrauch ursächlich für den Niedergang mancher Art.

Die 33-Jährige plädiert also für einen positiven Blick: Die Bürger müssten sich mit dem Bärenklau schon deshalb arrangieren, „weil wir keine echte Chance haben, ihn wieder loszuwerden“. Das liege auch daran, dass sich die Samen nicht nur durch Wind, sondern auch durch das Wasser verteilen, dass sie also eigentlich überall sind.

Ursprünglich kommt die Herkulesstaude aus dem Kaukasus. Besuchern der Region gefiel sie ihres Aussehens wegen und weil sie hervorragend als „Bienenweide“ geeignet ist, erklärt die Botanikerin. „Viele Insekten profitieren von ihr.“ Die Besucher also nahmen Stauden mit. Was sie womöglich nicht wussten: Ein einziger Bärenklau bildet mehrere 1000 Samen aus – und diese machen natürlich nicht Halt am Gartenzaun, sondern verbreiten sich allüberall an der Ruhr und an angrenzenden Bächen.

Corinne Buch sieht darin nichts Schlechtes: „Wir im Ruhrgebiet sind doch sowieso ein Schmelztiegel – und so haben wir eben auch eine Mischung einheimischer und fremder Pflanzen, die gut zusammen leben.“ Dort aber, wo Menschen gefährdet sein könnte, solle man die Staude beseitigen: Regelmäßiges Mähen hilft, auch ein hungriges Schaf oder das Ausgraben der Pflanze samt Wurzeln im Frühjahr. Und natürlich gelte für jedermann: Nicht anfassen – dann kann erst gar nichts passieren.

Das unterstreicht Stadtsprecher Volker Wiebels: „Wir warnen immer davor, die Pflanzen zu berühren.“ Und überall dort, wo öffentliche Flächen seien und sich viele Menschen tummelten, beseitige man sie auch, versichert Wiebels.