Mülheim. Am Samstag kreist eine Drohne über dem Kurt-Schumacher-Platz in der Innenstadt. Damit dokumentierte die Braunschweiger Künstlerin Corinna Schnitt eine Aktion an den Hochhäusern. Das Video wird ab Sonntag in der Ausstellung „gestern die Stadt von morgen“ zu sehen sein.

50 rote Laken und Decken hatte die Künstlerin Corinna Schnitt am Samstag auf dem Kurt-Schumacher-Platz an ebenso viele Freiwillige verteilen wollen. Leider hatten kurzfristig einige abgesagt, so dass zu der zweistündigen Kunstaktion schließlich nur 38 Teilnehmer kamen. In den vier Hochhäusern sollten sie ein „Zeichen setzen“ und die Stoffe kräftig schütteln.

Mit Handzetteln hatte die 1964 in Duisburg geborene Künstlerin, die in Braunschweig Videokunst lehrt, zuvor Kontakt zu den Bewohnern gesucht und sie gebeten, ihren Balkon für diese Aktion zur Verfügung zu stellen.

Schauplatz Stadt

Die filmische Dokumentation wird vom Wochenende an Teil der Ausstellung „gestern die Stadt von morgen“ sein, die bis zum 7. September im Kunstmuseum zu sehen sein wird. Zum wiederholten Mal befasst sich das Kunstmuseum mit der jüngsten Stadtgeschichte und nutzt die Hochhäuser für eine Kunstaktion. Mit dem Forum sind diese Wohntürme Ausdruck der Zukunftsvisionen, die man in den 60er und 70er Jahren hatte. Es war die Zeit, als man noch von einem Wachstum Mülheims auf über 200.000 Einwohner ausging, den City-Ring plante, der durch die Altstadt geführt worden wäre, und überhaupt an der autogerechten Stadt arbeitete. Die letzten geplanten Wohntürme und Hochbrücken wurden dann schon nicht mehr realisiert. Es ist kein Zufall, dass Schnitt diesen Ort auswählte.

Einige Menschen mehr hätte sie sich gewünscht. „Vielleicht hätte ich die Freiwilligen besser auf ein Hochhaus konzentrieren sollen“, meinte sie hinterher, zeigte sich aber zufrieden. Einige waren zudem auf Balkonen an der Rückseite des Gebäudes postiert. So waren es zu wenig Akteure, um die Passanten auf dem Kurt-Schuhmacher-Platz zu irritieren. Einige Passanten blieben immerhin stehen und schauten verdutzt hoch. An den Balkonen mussten die roten Tücher jedoch mit den Sonnenmarkisen und einigen Deutschlandflaggen konkurrieren. Für die größte Irritation aber sorgte wohl die Drohne, die zwei Stunden lang die Hochhäuser umkreiste. Sie war mit einer kleinen Kamera ausgestattet, die die Aktion dokumentierte. Aber viele bemerkten das leise Flugobjekt gar nicht, das von acht Rotoren angetrieben wird.

"Die Drohne war eine gute Entscheidung"

Gesteuert wurde das Flugobjekt, das von einem Anbieter aus Essen gemietet worden war, vom Dach des Medienhauses aus. Dort stand die Künstlerin neben dem Piloten und verfolgte und dirigierte die Aktion auf einem Monitor. Eine Assistentin führte hier eine zweite Kamera, die den Gesamtkomplex in den Fokus nahm. Vom Dach aus hat man einen herrlichen Blick auf den oberen Teil der vier Hochhäuser am Hans-Böckler-Platz, die eng gestaffelt und zum Greifen nah erscheinen. „Die Drohne war eine gute Entscheidung“, freut sich Schnitt, die Glück mit dem Wetter hatte. Der in Aussicht gestellte Regen blieb aus.

Herzliche Gastgeber

Der Wind, den man am Boden nicht spürte, bereitete einigen Helfern allerdings schon Mühe. Aber auch so bekamen einige nach zwei Stunden lange Arme. Neben Freiwilligen, die sich auf einen Aufruf in der Zeitung gemeldet hatten, und Jugendlichen der jungen Kunstexperten nahmen auch einige Ruhr-Volunteers aus Essen teil. Freiwillige aus dem Kulturhauptstadtjahr, die fanden, dass es weiter gehen müsse, bilden den Kern dieses Vereins.

Eine ältere Dame zeigte sich ganz begeistert. „Ich hatte einen ganz freundlichen Gastgeber. Er hat mir Kaffee und Kuchen angeboten und mich beim Schütteln abgelöst“, erzählt sie und fügt hinzu. „Ich muss zugeben, dass ich bisher noch nicht in Mülheim war und auch das Museum hier nicht kenne.“ Mit dem wird sie sich in den nächsten Tagen vertraut machen - schon weil sie darauf gespannt ist, wie Corinna Schnitt die Aufnahmen von der Aktion zusammen geschnitten hat.