Mülheim. Die Mülheimer Firma Gothe & Co. liefert Verbindungstechnik für eines der größten Gasfelder der Welt im Kaspischen Meer. Die Spezialtechnik muss großem Druck und Eiseskälte standhalten. 50 bis 70 Kilometer vor der Küste schwimmen die Förderplattformen. Von dort geht es bis zu 600 Meter in die Tiefe.

Was die Ingenieure beim Traditionsunternehmen Gothe & Co. am Computer entwerfen und ihre Kollegen in der Montage zusammenbauen, ist selten für den Schönwettereinsatz gedacht. Es muss Stürme, extreme Hitze und Kälte oder aggressive Chemikalien aushalten. Jetzt war die Herausforderung besonders groß: Die neuesten „Gothe-Kästen“ werden im Sommer im Kaspischen Meer eingesetzt. Dort stellen Spezialkabel der französischen Firma Nexans die Beheizung der Pipelines auf einem der weltweit größten Erdgasfelder sicher. Gothe liefert die Highend-Verbindungstechnik dafür.

„Shah Deniz“ – zu deutsch: „Das Meer des Königs“ – heißt das gigantische Projekt eines internationalen Konsortiums vor der Küste Aserbaidschans, mit dem künftig weit mehr als 20 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr zutage gefördert werden sollen. Über Pipelines soll das Gas zum größten Teil nach Europa strömen, über die Türkei, Griechenland und Albanien nach Italien, wo der Anschluss ans europäische Gasnetz geschaffen werden soll.

Technische Meisterleistung

Der Beitrag aus Mülheim ist zwar im Vergleich zu den Gesamtkosten gering – allein die begonnene zweite Ausbauphase von „Shah Deniz“ kostet rund 25 Mrd. Dollar – aber eine technologische Meisterleistung ist gefragt. 50 bis 70 Kilometer vor der Küste bei Baku schwimmen die Förderplattformen. Von dort geht es bis zu 600 Meter tief auf den Meeresgrund. Hier befinden sich die Pumpwerke, die das Gas aus ihren unterirdischen Kammern, noch mal sieben Kilometer tiefer in der Erdkruste, fördern. Nebenbei wird noch Erdgaskonzentrat („weißes Erdöl“) gewonnen, ein Rohstoff für Benzin und Kunststoffe.

Die Anlagen müssen mit Strom versorgt werden sowie mit Datenkabeln für Messsonden und elektronische Steuerungen. Die Probleme lauern weniger bei den Kabeln selbst, denn schließlich ist der Meeresgrund weltweit von Leitungen durchzogen. Schwachstellen liegen dort, wo die Leitungen zusammengefügt werden. Am Meeresgrund vor Aserbaidschan herrscht nicht nur Eiseskälte, auch lastet auf jedem Quadratzentimeter ein Druck, der einem Gewicht von 60 Kilo entspricht. Kein Tröpfchen darf eindringen, wo armdicke Stromkabel mit mehreren Zehntausend Volt Spannung aufeinandertreffen und haarfeine Glasfaserleitungen durch Hightech-Dichtungen geführt sind.

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Spezialisierung auf extreme Umweltbedingungen

An diesem neuralgischen Punkt der Verbindungen bringt Gothe & Co. seine Spezialisierung auf extreme Umweltbedingungen ein. Rund zwei Jahre haben die Mülheimer beim Kabelkonzern Nexans für den Großauftrag gekämpft. Erfolgreich. Nun gehen zehn Gothe-Kästen nach Aserbaidschan. Die Nexans-Kabel werden in den signalroten Verbindungskästen der Mülheimer, jeder so groß wie vier Kühlschränke, zusammengeführt. Weil die Temperatur auf dem Grund nahe am Gefrierpunkt liegt, sind die Apparaturen gar mit Heizungen ausgestattet.