Mülheim. . Im Kern von Dorf Saarn droht mit Tengelmann der letzte Lebensmittel-Vollsortimenter verlorenzugehen. Bürger und Händler klagen: Gerade für ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen sei ein Auszug von Tengelmann aus dem Saarncenter „eine Katastrophe“.
„Für ältere Menschen wäre das eine Katastrophe“ – so reagieren Saarner Einzelhändler und Kunden auf die Pläne von Tengelmann, sich aus dem Saarncenter zu verabschieden und einige hundert Meter weiter an der Düsseldorfer Straße einen neuen, größeren Markt zu eröffnen. Saarn fürchtet, den letzten Lebensmittelmarkt im Ortskern auch noch zu verlieren.
„Ich muss das zweiteilen“, sagt stellvertretend für andere Peter Höhmann. „Ich selbst bin mobil, ich kann überall einkaufen. Aber hier im Dorf gibt es doch viele, die gehen noch mehr auf die 100 zu als ich. Für die würde die Nahversorgung beschwerlicher.“ Tengelmann-Kundin Dorothea Kämpgen sieht das genauso. Die Sparkasse nebenan, der Frisör, das mache den Einkauf „einfach netter, gemütlicher“. Alles zu Fuß erreichbar. So solle es bleiben, findet auch Ursula Barde. Einen größeren Markt brauche es nicht. „Tengelmann muss doch nicht alles haben. Es gibt doch jetzt auch eine Käse-, Fisch-, Fleisch- und Wursttheke. Das reicht. Kleidung muss der Markt doch nicht anbieten.“
Netzwerk 50+ wird weitere Aktion beraten
Die wenigen hundert Meter mehr, die Kunden zum geplanten neuen Markt an der Düsseldorfer Straße zurücklegen müssten, seien für Senioren mit Rollator oder Handwagen schon ein Problem, meint Roswitha Passmann vom Saarner „Netzwerk 50+“. Die Neubau-Pläne von Tengelmann und Rewe in der Peripherie des Stadtteilzentrums werde sicher Thema beim Netzwerk-Treffen am kommenden Donnerstag werden.
Vielleicht werde die Gruppe noch mal aktiv, um bei Tengelmann einen Verbleib im Saarncenter einzufordern. Schon einmal hatte das Netzwerk Unterschriften in dieser Sache gesammelt und mitsamt Bittbrief ans Unternehmen geschickt. Resonanz laut Passmann: null. Saarn brauche das Lebensmittel-Angebot im Dorf. Schließlich bestehe der Trend fort, dass ältere Menschen Wohnungen im oder am Ortskern suchten – eben um ihre Nahversorgung sicherzustellen.
Werbegemeinschaft will nächste Woche Stellung beziehen
Birte Jess, Optikerin und Vorsitzende der Werbegemeinschaft, will sich vorerst nicht zur Supermarktdebatte äußern. Die Werbegemeinschaft will kommenden Donnerstag bei einer Pressekonferenz Stellung beziehen. Helmut von der Bey, Inhaber der Bellscheidt-Geschäfte (u.a. ein Bauernmarkt) kritisiert die geplante Ausweitung des Lebensmittelangebotes „auf der grünen Wiese“. Schon Aldi und Lidl hätten dem Ortskern spürbar Frequenz und Umsatz genommen. Von der Bey fürchtet eine Abwärtsspirale, die auf Dauer Angebotsqualität koste.
Betty Goertz vom gleichnamigen Lotto- und Tabakgeschäft und Birgit Bringsken, Inhaberin des Wohnaccessoire-Ladens „Stilvoll in Saarn“, fürchten weniger Frequenzeinbußen, die Dorfstraße sei auch so attraktiv genug, um Kundschaft zu ziehen. „Wir profitieren mehr von der Gastronomie hier im Innenhof als vom Tengelmann gegenüber“, sagt Bringsken. Doch auch sie und Betty Goertz sorgen sich: um die Nahversorgung der älteren Saarner. Die Saarner Händler berichten allesamt von Klagen gerade der älteren Kundschaft.
Gabriele Golibrzuch von Blumen Dreckmann glaubt zudem, dass einige Laufkundschaft verlorengeht. „Aber wer Qualität kaufen will, kommt auch weiter ins Fachgeschäft.“