Davon sind die befragten Mülheimer überzeugt. Sie bevorzugen entweder eine Büronutzung oder können sich eine Grünfläche mit einem überdachten Markt vorstellen. Einen attraktiven Markt können sich gerade auch die Besserverdienenden vorstellen, die seit ewigen Zeiten die Innenstadt meiden.

Das Wie haben die Mülheimer schon beantwortet: Um das Kaufhof-Areal zu entwickeln, ist eine klare Mehrheit der Bürger bereit, Steuergeld von Stadt und Land zu investieren. Über dieses Ergebnis des NRZ-Bürgerbarometers und über die staunenden bis verhaltenen Reaktionen der Politik berichteten wir gestern. Nun haben wir in unserer repräsentativen Erhebung auch gefragt: Was soll anstelle des Kaufhofs werden? Helge Schneider hat darauf einmal lakonisch „Kaufhof“ geantwortet. Doch: Neuerlicher Einzelhandel in der Innenstadt kommt nur noch für eine geradezu exotisch geringe Anzahl in Frage (s. Grafik). Ein Resultat, das auch die jahrelangen Bemühungen der Stadtverwaltung, des Eigentümers und von Teilen der Politik konterkariert. Die öffentlichen Versuche, Handel zu etablieren, müssen Mülheimer mit einer Mischung aus Spott und Erstaunen betrachtet haben.

Aber was dann?

Mit Büros und einem Park samt Markthalle hatten wir Modelle mit unterschiedlichem Charakter angeboten. In „Büro“ steckt eher der Erhalt des Gebäudes, die andere Variante setzt den Abriss voraus. Ergebnis: Beides wäre für eine Mehrheit wünschenswert, Büronutzung etwas stärker als der Park. Daran ist zweierlei bemerkenswert: Zum Einen votieren Mülheimer auch für Büro, weil ihnen diese Variante realistischer erscheint; es spiegelt also auch den Wunsch, dass endlich etwas passiert. Zum Anderen: Gerade an Büroflächen ist in der Stadt kein Mangel, besser gesagt: es gibt keine große Nachfrage. Die Stadtverwaltung arbeitet daher, mit gebremstem Schaum, an einem Konzept, in dem Büronachfrage künstlich geschaffen wird - durch den Umzug von Dienststellen in den Kaufhof. Das Problem: Auch die Stadt weiß, dass eine solche Lösung keine Attraktion darstellt und gleichzeitig den Zustand auf 20, 30 Jahre konservieren würde.

Für eine Markthalle dagegen gibt es noch weniger handfeste Stützen: Der Park wäre schön, seine Grundfläche fiele als Gegenfinanzierung aber weg; es gibt noch keinen Investor, natürlich nicht, keine Marktgilde, womöglich keine oder nicht die richtigen Markthändler - nur den großen Wunsch, dass anstelle des Kaufhofs etwas passieren muss, was die Bürger endlich, endlich mit ihrer Innenstadt versöhnt. Ein Anziehungspunkt, ein Solitär, etwas, „auf das man stolz sein kann“, wie es ein Befragter im Bürgerbarometer den Interviewern sagte. Und er meinte keine Nebenstelle der Bürgeragentur.

Bei der Frage, wer das bezahlen soll, sind die Mülheimer zwar, siehe oben, großzügig, werden aber Geduld aufbringen müssen. Vorarbeiten und Weichenstellungen, sind erst nach der Wahl zu erwarten. Vor der Wahl sparen die großen Parteien das Thema sogar als Wahlkampfstoff aus. Man staunt immer wieder: Was soll sich eigentlich besser für wohlverstandenen Wahl-Kampf eignen, als Grundsatzpositionen zu zentralen Stadtfragen?

Und was sagen die Händler selbst angesichts der drohenden leeren Mitte.

„Es muss was geschehen!“ Diesen Satz hört man immer wieder, wenn man sich mit Einzelhändlern und Dienstleistern in der Innenstadt unterhält. Hier überrascht das Bürgerbarometer mit der Feststellung, dass es auch die besser verdienenden und kaufkräftigen Bürger sind, die anstelle des Kaufhofes gerne einen Park mit überdachter Markthalle sehen würden. Dabei hört man doch immer wieder, dass es gerade die zahlungskräftige Kundschaft ist, die es in Mülheim zwar gibt, die aber immer seltener in der Innenstadt und dafür immer öfter in Saarn, Düsseldorf, Essen oder auch im Internet einkauft.

Deshalb drängt sich die Frage auf, ob eine attraktive Markthalle im Grünen die Innenstadt wieder in die grüne Zone bringen kann?

Durch fast alle Gespräche zieht sich die Skepsis, dass dies nur gelingen kann, wenn auch der Branchenmix, die Verkehrsführung und die Parkplatz(kosten)situation nachhaltig verbessert würden.

Nur wenige sind so optimistisch, wie Forum-Manager Wolfgang Pins: „Erst ein gutes Angebot erzeugt Nachfrage“, glaubt er und verweist auf die guten Erfahrungen mit der Gourmetmeile an der Ruhr. „Da sitzen auch die Champangertrinker, die sich vor allem treffen, sehen und gesehen werden wollen“, betont er. Deshalb ist er davon überzeugt, dass eine Markthalle in der grünen Mitte auch die gut betuchten Einkaufsexilanten wieder in die Innenstadt locken könnte.

„Ich würde mich für Mülheim freuen, wenn auf diesem zentralen Grundstück ein architektonisches und städtebauliches Highlight entstehen kann, so dass es ein Alleinstellungsmerkmal wird und jeder sagt: Da musst Du hin! Ich wage aber nicht zu prognostizieren, ob eine solche Projektentwicklung trotz der großen Bemühungen dazu zu stemmen ist.“, meint Hotelier Karlheinz Noy, der jeden Tag mit Sorge auf den leer stehenden Kaufhof schaut. Er glaubt nicht, dass eine Markthalle im Park einen Frühling in der Innenstadt macht, wenn nicht auch die Verkehrsführung in der Innenstadt attraktiver und praxisgerechter werden, damit „Gäste und Kunden nicht jeweils rätseln müssen, wie sie unkompliziert in die Stadt hinein und wieder heraus kommen.“