Mülheim. . Sieben Wochen lang trafen sich Frauen und Männer in der evangelischen Ladenkirche, um unter dem Motto „Selber denken“ die Fastenzeit zu gestalten. Der Austausch brachte sie zu neuen Perspektiven, berichten sie im Gespräch.
Selber denken – was so einfach und selbstverständlich klingt, stellte die Teilnehmer der Fastenaktion der evangelische Kirche mitunter auf eine harte Probe. Galt es doch, sieben Wochen lang sich ganz bewusst von eingefahrenen Denkmustern zu lösen, ohne falsche Gewissheiten auszukommen und die Routine des Alltags zu hinterfragen – Fasten im Kopf sozusagen.
„Sieben Wochen lang anders zu leben, das ist nicht nur ein Ohne, das ist auch ein Mit“, betont Pfarrerin Karla Unterhansberg, die die Fastengruppe betreut, die sich während der Fastenzeit in der evangelischen Ladenkirche traf und die Tücken des täglichen Trotts besprach. „Die Gedanken drehen sich ja oft im Kreis, und man weiß nicht, wie man zu einer Lösung gelangen soll“, berichtet Teilnehmerin Ute Hartmann von ihren Erfahrungen, zu denen es auch zählte, festgefahrene Automatismen über Bord zu werfen. Der Austausch mit der Gruppe aber, sagt die Frau mit dem strahlenden Gesicht, habe sie bestärkt: „Die Denkanstöße durch die anderen helfen, den Knoten zu durchschlagen.“
Auch Ursel Schierk erzählt: „Wenn ich mal einen Hänger hatte und es mir nicht so leicht fiel, auf die alten Gewohnheiten zu verzichten, hab ich dran gedacht, dass die anderen das ja auch tun müssen.“ Konkret sah die Vorgabe „Selber denken“ für Ursel Schierk so aus, dass sie etwa weniger vor dem Fernseher saß und stattdessen mehr spazieren gegangen ist. „Einfach, um im Kopf freier zu werden.“
Den inneren Schweinehund überwinden
Mitunter habe sie sich schon dazu zwingen müssen, gibt Ursel Schierk unumwunden zu. Die Denkanstöße aus den Fastentreffen aber, die habe sie verinnerlicht: „Manches davon kann man durchaus in den Alltag übertragen und Überkommenes dafür ad acta legen. Ich will versuchen, diesen roten Faden beizubehalten.“ Und weiterhin offen sein für neue Perspektiven.
Auch Ute Hartmann fühlte sich von der Gruppe getragen: „Das hilft schon, um den inneren Schweinehund zu überwinden.“ Wenn man sich zusammenschließt, um von Aschermittwoch an bis Ostern auf etwas zu verzichten, dann habe das bisweilen einen drohenden Charakter. So aber habe sie diese Fastenaktion nicht empfunden, ganz im Gegenteil, sagt Ute Hartmann: „ Es ist ein gutes Leben, das man während dieser Zeit führt.“
Und Pfarrerin Unterhansberg ergänzt: „Bei einem Verzicht wird ja Raum frei für etwas Neues. Man kann bewusst überlegen, womit man diesen Platz ausfüllt.“ Nach den Osterferien, wenn die Fastenzeit längst vorüber ist, treffen sie sich noch ein weiteres Mal. „Dann“, kündigt Pfarrerin Unterhansberg an, „geht es nicht mehr um Verzicht, sondern ums Genießen.“ Denn dann trifft sich die Fastengruppe zu einem gemütlichen Abend mit leckerem Essen.