Auch 60 Jahre nach dem Start der Städtefreundschaft mit dem englischen Darlington braucht es engagierte Brückenbauer, wie Manfred Krister.

England ist für Manfred Krister ein Traum-Land. Das ist so, seit der 62-jährige Pädagoge als Schüler Sprachferien in Bornemouth machte. „Mich fasziniert die Geschichte, der man dort auf Schritt und Tritt begegnet, die Möglichkeit die englische Sprache auszuprobieren und überall gegen geringen Eintritt Sport von Tennis bis Golf betreiben zu können, für den man bei uns viel Geld für eine teure Vereinsmitgliedschaft bezahlen müsste“, sagt Krister. Spätestens, nachdem er in Schottland miterlebt hat, wie Laiendarsteller eine Schlacht des Ersten Weltkrieges nachgespielt haben, weiß er, „wie unverkrampft und manchmal auch distanzlos die Briten mit ihrer eigenen Geschichte umgehen.“

Als der frisch pensionierte Berufsschullehrer, der im Vorstand des Städtepartnerschaftsvereins, die Darlington-Kontakte koordiniert, 1992 nach Mülheim ans Berufskolleg Lehnerstraße kam, lernte er bei Schülerbegegnungen mit dem College of Technology und später auch mit dem Hummerskanott College die englische Partnerstadt und ihre Menschen schätzen.

Krister denkt dabei zum Beispiel an Lehrerkollegen, wie Charmean Walter, Lana Britton und Nigel Davison oder den Stadtrat und Vorsitzenden des Darlingtoner Partnerschaftsvereins, Tom Nutt. „Im Norden Englands sind die Leute freundlicher und nicht so hektisch, wie im Süden“, weiß Krister.

„Menschliche Begegnungen, die dafür sorgen, dass man sich kennen und verstehen lernt“, sind für ihn auch 60 Jahre nach dem Start der ersten Mülheimer Städtepartnerschaft deren wichtigster Mehrwert. Auch wenn es heute nicht mehr um die Versöhnung ehemaliger Kriegsgegner geht, sieht Krister die menschliche Brücke zwischen Darlington und Mülheim als unverzichtbaren Beitrag zum Zusammenhalt in Europa. An dem müsse gerade in Zeiten zunehmender Europa-Skepsis gearbeitet werden.

Deshalb investiert der anglophile Pädagoge, der unter anderem Politik, Geschichte, Betriebswirtschaftslehre und Bürokommunikation unterrichtet hat, sechs bis zehn Stunden pro Woche, um die Kontakte mit der englischen Partnerstadt nicht abreißen zu lassen. Mal organisiert er wie jetzt eine Bürgerfahrt, bei der 37 Mülheimer Mitte August zwischen Durham Cathedral, Bolton Castle, Wearedale, Old Lead Mine und Eisenbahnmuseum Darlington und seine Region kennen lernen. Mal fädelt er Betriebspraktika ein. Dass allein seit 2009 etwa 70 Mülheimer Schüler der Mülheimer Europaschulen (Berufskollegs Stadtmitte und Lehnerstraße sowie Gustav-Heinemann-Schule, Realschule Broich und Gymnasium Heißen) in den Darlingtoner Arbeitsalltag eingestiegen sind, zeigt Krister, wie durch eine Städtepartnerschaft „gerade bei jungen Leuten der europäische Mobilitätsgedanke und das Bewusstsein, in Europa beruflich Fuß fassen zu können“ nachhaltig gefördert werden kann. Learning by doing hieß es seit Einrichtung der Praktikumsbörse im Jahr 2007 zum Beispiel in einem Reisebüro, in einem Buchhandel, bei einer Bausparkasse, in einem Schwimm- und Sportcenter, bei der Feuerwehr, in einer Kindertagesstätte oder in den berufsbildenden Werkstätten South West County und Durham Training.

Auch wenn es Bürgerfahrten, Schülerpraktika und einzelne Kontakte, etwa zwischen den Radsportlern, Eisenbahnfreunden, Fußballern und Funkern aus Darlington und Mülheim gibt, macht sich Krister Sorgen. Denn die Zahl der jungen Darlingtoner, die Deutsch lernen und ihre Partnerstadt in Deutschland kennen lernen wollen, ist in den letzten Jahren zugunsten von Französisch und Spanisch zurückgegangen.