Mülheim. Der großen Esche an der Ruhrpromenade, einem Überbleibsel der Ostruhranlagen, hat baldwohl die letzte Stunde geschlagen. Die Beton-Bauwerke und der versiegelte Boden setzen dem 100 Jahre alten Gewächs zu. Dabei sollte genau das eigentlich nie passieren.

Für den Erhalt der Bäume an der Ruhrpromenade wurde gekämpft, demonstriert und auch ein Bürgerentscheid angestrengt. Die Mühe blieb unbelohnt, über 100 Bäume wurden gefällt und lediglich der Erhalt von 26 großkronigen Bäumen versprochen. Außerdem sollten 60 neue Bäume gepflanzt werden. Einige der alten Bäume galten als besonders gefährdet, weil sie sehr nahe an der Baugrube der neuen Gebäude an der Ruhrpromenade stehen. Durch einen Holzschutz sollten sie vor Beschädigungen während der Bauarbeiten geschützt werden. Vergeblich.

Die über 100 Jahre alte geschlitztblättrige Esche, die sich am Zugang zum Hafenbecken an einem markanten Platz steht, befindet sich in einem Besorgnis erregenden Zustand. Dabei sollte man eigentlich auf einer Sitzfläche unter der Krone künftig bei Sonnenschein im Schatten verweilen können. Gestern haben Baumkletterer der Baumpflegefirma Benk armdicke Äste aus der Krone gesägt. Es handelte sich dabei um Totholz. Der Baumpfleger Thorsten Benk bewertet die Situation als ernst. Die Pflanze befinde sich im Übergang „von der Degenerations- zur Resignationsphase“.

Wo bleibt das Grün?

Nach dem Eingriff ist der Baum, dessen Krone schon seit Jahren von einem Kunststoffseil gesichert wird, deutlich gelichtet. Im unteren Bereich treibt eine neue Krone. Eine Fällung ist noch kein Thema, dürfte aber nur noch eine Frage der Zeit sein. Auch Hubert Weiler, Baumexperte im Umweltamt, sieht schwarz für die Zukunft der Esche. Sie sei bereits in ihrer Vitalität eingeschränkt gewesen, als die Ostruhranlagen noch bestanden, so dass damals eine erste Kronensicherung nötig wurde. Wenn sich das Umfeld der Bäume ändert, habe das große Auswirkungen auf ihre Funktion, was sich mittel- und langfristig negativ auswirke.

Durch den Wegfall der anderen Bäume und Büsche sei die Esche viel stärker dem Wind ausgesetzt, sagte Weiler, durch die Pflasterung ändere sich der Wasserhaushalt und auch die Bauaktivität nur wenige Schritte entfernt, habe Auswirkungen. Man unternehme alle erdenklichen Anstrengungen, um den Baum zu erhalten.

Als vor gut zehn Jahren auf dem Höhepunkt der Rettungsaktion für die Ostruhranlage von Bürgern die Befürchtung geäußert wurde, dass die Bäume dieser Belastung nicht Stand halten könnte, wurde das von der Stadtverwaltung immer wieder vehement bestritten. Aber wie wird künftig die jetzt schon kahle Fläche am Hafenbecken wirken, wenn auch noch die Esche verschwunden sein wird? Und wie ist es überhaupt um die Vitalität der anderen großen Bäume bestellt, etwas näher zum Ufer? Amtliche Aussagen dazu liegen nicht vor. Ein Baum soll aber schon von der Schaufel eines Baggers getroffen und beschädigt worden sein.