Mülheim. . AfD? Das sind doch die nationalbeduselten Euro-Skeptiker. Daran denken womöglich viele, wenn sie Alternative für Deutschland hören. Die Partei aber drängt nun bei den Wahlen am 25. Mai in den Stadtrat - und hat deswegen ein Lokalprogramm aufgelegt, das nur bedingt an AfD erinnert.
Sicherheit oder Wirtschaft? Die Frage, was die Alternative für Deutschland ihrem lokalen Wahlprogramm voranstellen sollte, fand unter den 20 anwesenden Mitgliedern des Kreisverbands keine klare Mehrheit. Also ließ der Vorsitzende Jochen Hartmann kurzerhand die Bürger abstimmen; in diesem Fall die zehn interessierten Gäste. Ergebnis: Sicherheit. So steht nun die Forderung nach einem wieder eigenständigen Polizeipräsidium Mülheim auf Platz 1 der absichtsvoll kurz gehaltenen politischen Wunsch- und Ideenliste.
Dem Bürger zu folgen, ihn und seine Stimme nachgerade einzuholen, das ist ein Muster, das vielen Neustartern im stadtpolitischen Betrieb zu eigen ist. Und davon gibt es reichlich bei der Komunalwahl am 25. Mai; neben der AfD noch die Piraten, zwei Bürgerbündnisse, die beide ihre Wurzeln im Eppinghofer Schulstreit haben und eine Abspaltung der WIR AUS, die mit WIR AUF auch noch zu Verwechslung Anlass geben könnte. Wer es schafft? Da es keine Sperrklausel gibt, könnten 800 Stimmen (von 130000 Wahlberechtigten) leicht für ein Mandat reichen. Die AfD hofft auf mehr.
Jagd nach den Unterschriften
Immerhin musste die lokale AfD als Newcomer allein knapp 600 Unterstützungsunterschriften einreichen, um in allen Wahlbezirken antreten zu können. „Das haben wir geschafft“, sagt Hartmann, „jetzt schaffen wir auch mehr“. Der Weh dahin soll über Themen führen, die mit dem diffusen Bild der in Bund und Land agierenden Euro-Skeptiker nur schwer in Einklang zu bringen ist.
Am nächsten an der Ursprungsidee von AfD ist vielleicht noch die Forderung nach finanzieller Solidität, für die Hartmann, ein ehemaliger Christdemokrat, und die Liberalen, die in der AfD nun eine Heimat gefunden haben, auch alle freiwilligen Ausgaben auf den Prüfstand stellen würden.
Forderung nach dem „Moerser Modell“
Dazu kommt die eingeforderte Transparenz für und die Beteiligung von Bürgen, anstelle des Kaufhofs ein „grüner Übergang zur Ruhr“ und etliches, was ideologiefrei daherkommt. Etwa die Idee, eine Arbeitsgruppe zum Einzelhandel in Zeiten des Internets einzurichten, gemeinsame Arbeitssitzungen aller Mülheimer Abgeordneten für Bund, Land und Europa oder in Sachen Kriminalität die Einführung eines Opferfonds nach dem Moerser Modell.
Das lässt Opfern von Straftaten bis zu einer Höhe von 1000 Euro eine schnelle, unbürokratische Entschädigung zukommen, die die oft mittellosen Täter wiederum später dem Fonds zurückzahlen. Justiz, Verwaltung und Jugendgerichtshilfe tragen diese Initiative der Caritas aus dem Jahr 2007 mit.
Die Gerichte beziehen das Verfahren mittlerweile in ihre Urteil mit ein, der Fonds wiederum wird aus Geldbußen gespeist, die Richter und Staatsanwaltschaften verhängen. Die Clearingfunktion des Fonds ist dabei durchaus nötig: Im Jahr 2012 wurden in Moers knapp 10000 Euro an 44 Opfer von Gewalt oder Kriminalität ausgeschüttet. 1600 Euro erstatteten Täter durch Geld oder Arbeitsleistungen zurück.