Mülheim. . Der Wunsch nach einem „selbstbestimmten Leben“ scheint die Generationen zu verbinden. Wie dies ermöglicht werden kann, wurde nun in der Heinrich-Thöne-Volkshochschule diskutiert: Die Grünen suchten als Wahlkampfauftakt „Perspektiven für Alt und Jung in Mülheim“.
Politik, so scheint es manchmal, geht durch den Magen. Die Grünen entschieden sich bei ihrem Wahlkampfauftakt jedoch gegen Häppchen und Plaudern und für eine inhaltliche Diskussionsrunde: Mittwochabend wurden in der Volkshochschule „Perspektiven für Jung und Alt in Mülheim“ skizziert. Interessante anderthalb Stunden waren es – doch die erlebten nicht einmal 30 Zuhörer.
Neben Ministerin Barbara Steffens nahmen auf dem Podium Platz: Jörg Marx (Netzwerk der Generationen), Torsten Schrodt (Together) und Saskia Strasdat (Grüne Jugend) sowie MWB-Geschäftsführer Frank Esser, der die intergenerativen „Gartenhöfe Saarn“ sowie Demenzwohngemeinschaften vorstellte. Im Gespräch mit Moderatorin Franziska Krumwiede stachen drei Themen heraus.
Alt und Jung zusammenbringen
Für Barbara Steffens – als Landesministerin zuständig für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter – ist klar: Wer Perspektiven für Alt und Jung entwickeln will, muss Alt und Jung zusammenbringen. Konflikte gebe es nur da, wo die Generationen neben- statt miteinander leben. Von Projekten, die „Verständnis“ und „Wertschätzung“ fördern, berichtet sie und hebt den „Masterplan Quartier“ hervor. Der will Stadtteile auf die Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen und Senioren ausrichten. Denn, so die Ministerin: „Wir haben das Problem, dass sich die gesellschaftliche Entwicklung auf die arbeitende Bevölkerung konzentriert.“ Und da ist sie wieder beim nötigen Austausch, denn der „fördert das Verständnis, dass Alter nicht nur Defizit ist“.
Auch Jörg Marx vom Netzwerk der Generationen der Stadt ist der Blick auf das direkte Lebensumfeld wichtig. Nicht Leerstände in der Innenstadt entschieden über Lebensqualität: „Wir müssen ins Quartier gucken.“ Tue man dies, sehe man auch „Existenzängste“, etwa die Sorge von Menschen, ein bekanntes Lebensumfeld im Alter verlassen zu müssen. Darauf müsse Gesellschaft sich einstellen.
Coming-Out ist heute nicht einfacher
Einstellen muss sich die Gesellschaft auch auf die „erste Generation von offen lebenden Schwulen und Lesben, die ins Heim kommen und dort auf Menschen treffen, denen sie sonst aus dem Weg gegangen sind“, wie Torsten Schrodt es formuliert. Er leitet das Jugendzentrum „Together“ für Schwule, Lesben und Bisexuelle und ist Sprecher der AGOT.
Zwar habe sich viel verändert, dennoch sei das Coming-Out heute nicht einfacher. Spezielle Angebote seien deshalb weiter nötig. Schaut Schrodt allgemein auf Mülheims Jugendliche, wünscht er sich ein Umdenken in der Jugendarbeit: Weg von gelenkten Gruppenangeboten müsse man, um das auszugleichen, was Jugendlichen fehlt: „Freie Flächen und ein Ort, an dem sie einfach abhängen und sein können.“
Unkonventionell denken
Aus dem Publikum kam die Frage nach Angeboten für Senioren mit Migrationshintergrund: Vor allem Türken würden es als Schande empfinden, pflegebedürftige, demente Angehörige ins Heim zu geben. Überforderung sei oft die Folge. Dieses Problem, sagt Barbara Steffens, sei bekannt – allerdings nur schwer zu lösen: „Wir erreichen die Menschen bisher nicht. Wir brauchen eine kultursensible Aufklärung, dass es nicht ehrverletzend ist, wenn sich pflegende Angehörige Hilfe holen.“
Möglichkeiten dafür werden gerade erarbeitet. In Mülheim hat Jörg Marx die Erfahrung gemacht, dass es hilft, „unkonventionell zu denken“. Besuche bei Elterncafés in Schulen nennt er als Beispiel. Letztlich helfe nur Vertrauen aufzubauen, Beziehungen zu schaffen und bestehende Angebote zu nutzen.