Mülheim. . Eine Gedenkfeier zu Jesu Tod richten die Zeugen Jehovas am 14. April in der Stadthalle aus. Die Einladungen dazu wurden in den vergangenen Tagen verteilt. Ein Experte rät Interessierten, sich dringend mit der Glaubensgemeinschaft zu beschäftigen. Noch nämlich bringt sie etwa Aussteiger in arge Nöte.
„Millionen kommen. Sie auch?“ Mit dieser Frage beginnt eine Einladung, die in den vergangenen Tagen vielen Mülheimern in die Hand gedrückt wurde. Die Zeugen Jehovas laden zu einer Feier zum Gedenken an Jesu Tod ein, und zwar am 14. April in der Stadthalle. Gerechnet wird mit zu 600 Besuchern. Die Zeugen Jehovas? Wer ist das genau? Das erklärte uns Christoph Grotepass, Mitarbeiter und Referent bei der Sekten-Info NRW.
Würden Sie den Leuten empfehlen, die Einladung anzunehmen?
Christoph Grotepass: Wir leben in einem freien Land; wenn also jemand interessiert ist, kann er selbstverständlich zu der Feier gehen. Wir empfehlen aber, sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen – und zwar nicht nur über die Werbung der Zeugen Jehovas, sondern auch über die kritische Information, die es bei uns gibt.
Was passiert bei der Feier?
Grotepass: Das ist eine Art Abendmahl. Nach einem Vortrag gehen Wein und Brot durch die Reihen – aber keiner bedient sich. Lediglich die weltweit 144.000 Erwählten dürften zugreifen. Das sind vor allem alte Menschen, die sich besonders treu an die Gesetze der Zeugen halten und sich für erwählt erachten.
Wie viele Zeugen gibt es und was ist ihr Hauptglaube?
Grotepass: In Deutschland sind es 165.000, weltweit rund 7 Millionen. Sie hoffen auf das Paradies und sind überzeugt, dass Gottes Endgericht bald kommt und die Welt untergeht. Sie fühlen sich durch die täglichen schlechten Nachrichten bestätigt und halten es nicht für lohnenswert, noch in lange Ausbildungen zu investieren. Bildung wird eher nicht gefördert, nur Bibelstudium und Missionierung. Die Zeugen sind übrigens vielerorts als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt – in NRW aber bislang nicht.
Seit Jahren schon Mieter in der Stadthalle
„Ein Kunde wie jeder andere“, seien die Zeugen Jehovas, betont Ingeborg Kammerichs, ihres Zeichens Geschäftsführerin der Mülheimer Stadtmarketing und Tourismus GmbH und als solche Vermieterin der Stadthalle. Seit mehreren Jahren schon feiere die Religionsgemeinschaft in der Halle – und ideologische Überlegungen habe sie deshalb noch nie angestellt, so Kammerichs. „Es ist immer eine ganz nette, friedliche Veranstaltung, von der es nur Positives zu berichten gibt.“
„Wir sind ein öffentliches Haus“, sagt Kammerichs weiter, „und die Zeugen Jehovas sind uns herzlich willkommen. Ich freue mich außerordentlich darüber, dass sie zu unseren Stammgästen gehören.“
Wann hat die Sekten-Info Berührungspunkte mit den Zeugen?
Grotepass: Zum Beispiel dann, wenn jemand aussteigen möchte oder jemand den Ausstieg schon hinter sich hat und das verarbeiten will. Aussteiger gelten als Gefahr für andere; man soll den Kontakt mit ihnen meiden. Da grüßen dann auch plötzlich enge Freunde nicht mehr und die Isolation ist groß. Wenn man dann noch bedenkt, dass für die Zeugen die Welt ein böser Ort voller Dämonen ist, kann man sich vorstellen, dass dies zu psychischen Problemen führen kann. Schwierig kann es auch innerhalb einer Familie werden. Wenn der Partner noch dazu gehört, kann es beispielsweise Konflikte bei der Erziehung des Kindes geben.
Was ist noch typisch für die Zeugen?
Grotepass: Sie sind keine tolerante Gemeinschaft, die zum Beispiel interreligiöse Gespräche führen würde. Sie wollen auch nicht, dass man sich mit Nichtgläubigen allzu viel abgibt. Und sie verweigern nach wie vor Bluttransfusionen; so stirbt auch manchmal jemand. Aktuell haben wir mehr Beratungsbedarf zu ihnen als etwa zu den Scientologen.