Essen/Köln.. Die Esoterik-Branche ist laut Sekten-Info NRW immer weiter auf dem Vormarsch. Doch viele Patienten werden über den Tisch gezogen. Eine Frau aus Köln ist wegen falscher Behandlung durch eine Betrügerin sogar schwer erkrankt. Vor Gericht endete der Fall mit einem Freispruch.

Für manche ist es Humbug, andere glauben fest daran: dass Wunderheiler Krankheiten bekämpfen können. Genau das tat auch eine Journalistin aus Köln. Die Mittfünfzigerin litt an starken Schmerzen an der Halswirbelsäule und suchte daraufhin, auf Rat ihrer Freundin, eine Heilerin ganz in ihrer Nähe auf. Denn kein Arzt hatte ihr helfen können. Doch statt einer Heilerin behandelte sie ein Laie, statt der versprochenen Besserung erlitt sie eine schwere Krankheit.

Einer von vielen Fällen, mit dem sich die Sekten-Info Nordrhein-Westfalen e.V. aus Essen beschäftigt. Insgesamt 50 Fälle solcher Art wurden im letzten Jahr angenommen. „Heiler sind auf dem Vormarsch, die Esoterik-Branche boomt wie nie zuvor“, sagt Vorstandsvorsitzender Jürgen Weber mit Blick auf den Jahresbericht 2013. Für viele Erkrankte „ein letzter Strohhalm“. Die Anzahl an Beratungen sei insgesamt um fünf Prozent gestiegen. „Wir wollen den ‘faulen Zauber’ aufdecken“, erklärt Weber.

6000 Euro für gesundheitsgefährdenden Nepp

Im Falle der Kölnerin zu spät. Denn sie ließ sich ganze zwei Jahre von der etwa 60-Jährigen behandeln – ohne dass diese medizinische Kenntnisse vorweisen konnte. Trotzdem verabreichte sie Spritzen, behandelte ihre Patientin mit Akupunktur. Pro Sitzung verlangte sie 50 Euro – und die verzweifelte Journalistin bezahlte. Ihr ganzes Erspartes sei dabei draufgegangen, erzählt sie in einem Erfahrungsbericht, den sie für die Sekten-Info verfasste. Am Ende waren es 6000 Euro.

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„Ich war zu Vielem bereit, wenn ich nur wieder aus meiner Hölle herauskäme“, schreibt sie. Sie vertraute der Frau, denn sie „sah so attraktiv gesund aus und sie war meine letzte Rettung.“ Das Ergebnis nach zwei Jahren in Behandlung: Die Kölner Patientin erlitt eine Krankheit, die zu Nierenversagen führen kann, wenn man sie nicht schnell genug behandelt – und das tat die „Heilerin“ nicht. Erst als es schon fast zu spät war, suchte die betrogene Frau einen Notarzt auf.

Für Behörden trägt Patient immer Mitschuld

Mittlerweile ist sie auf Dialyse angewiesen. Ein Zustand, der wohl hätte verhindert werden können. Mithilfe der Sekten-Info und weiteren acht Betroffenen verklagte sie die Pfuscherin. Doch die enttäuschende Strafe: eine Geldbuße von 2500 Euro und Freispruch. Die Betrügerin soll heute sogar in der Eiffel wieder die gleiche Masche durchziehen.

Für Sabine Riede, Geschäftsführerin der Sekten-Info NRW, ist das Urteil unverständlich: „Die Behörden beschäftigen sich mit der Esoterik-Branche nicht intensiv genug. Für sie trägt der Patient immer eine Mitschuld.“ Dass diese Menschen aber verzweifelt seien und keine andere Möglichkeit sehen würden, das werde dabei nicht berücksichtigt. „Dabei gibt es doch das Heilpraktikergesetzt, darauf sollte man sich doch viel eher berufen“, findet Juristin Anja Gollan. Ihr Rat für verzweifelte Patienten: „Man sollte nie die medizinische Seite vernachlässigen und sich nur auf Heiler verlassen. Das ist höchstens ergänzend sinnvoll.“