Mülheim. . Beim „Katerfrühstück“ der Mülheimer Unternehmer beleuchtet Prof. Metin Tolan die Physik des Fußballs. Und rechnet aus, ob Yogis Jungs den Titel holen können. Die Wahrscheinlichkeit beträgt über 20 %, ergab eine Computersimulation von 100.000 kompletten Endrunden.
„Fußball ist der ungerechteste Sport der Welt“, sagt Metin Tolan. Und darum wird Deutschland wohl doch nicht Weltmeister. Obwohl die Wahrscheinlichkeit dafür sagenhafte 20,33 % beträgt. Das hat der sehr unterhaltsame Physikprofessor der Technischen Uni Dortmund am (Ascher-)Mittwoch beim „Katerfrühstück“ des Unternehmerverbandes Mülheim vorgerechnet.
Tolan hat schon James Bond physikalisch durchleuchtet und den Untergang der Titanic. Und jetzt stellt er Binsenweisheiten der Fußballwelt auf den Kopf mit irre komplizierten Formeln, die (wahrscheinlich) kein Profikicker kennt.
Langeweile ohne den Zufall
Viele Tore sind toll? Ein Irrglaube! Je mehr Treffer in einem Spiel, umso sicherer gewinnt das stärkere Team. Die Bayern machen’s gerade vor. „Die schaffen es, den Zufall auszuschalten. Das wird dann langweilig“, urteilt der Professor.
Nur die Versager unter den Schiedsrichtern treffen Fehlentscheidungen? Physikalischer Unfug! In der Bundesliga etwa sei eine von zehn Abseitsentscheidungen falsch. Eigentlich dürfte nur eine von zehn richtig sein, so Tolan: „Unsere Schiedsrichter sind besser, als es die Naturgesetze erlauben.“ Faktoren, die ein Urteil beeinflussen: Auge scharf stellen (dauert eine halbe Sekunde), das Bild im Hirn verarbeiten (zehntel Sekunde), richtiger Blickwinkel („auf Ballhöhe“). Im Selbstversuch lag der Professor bei neun von zehn Entscheidungen falsch – und folgte damit den Naturgesetzen, die auch im Fußball gelten. Nebenbei: „Stellen Sie sich vor, es gäbe keine Fehlentscheidungen. Dann hätten Sie nach dem Spiel nichts zu diskutieren“, so Tolan.
Und wie werden wir jetzt Weltmeister?
Wie schnell kann ein Ball fliegen? Ein Freistoß von Michael Ballack wurde mit Tempo 121 gemessen, der Hertha-Brasilianer Ronny soll 210 km/h geschafft haben. Geht nicht, so Tolan. Bestenfalls erreicht ein Ball die vierfache Geschwindigkeit des Anlaufs. Ballacks Tempo danach (30 km/h) ist realistisch, Ronnys (52 km/h) nicht. Das schaffte nicht mal Usain Bolt bei seinem Fabelsprint (Spitzenwert 45 km/h).
Und wie werden wir jetzt Weltmeister? Nur wahrscheinlich. Und der Autor muss an dieser Stelle einräumen, dass er Tolans hochkomplexe Formeln (auch) nicht verstanden hat. Ich versuch’s trotzdem mal ganz einfach: Aus den Ergebnissen der WM-Qualifikation hat Tolan die Zahl der Tore pro Spiel und Mannschaft und Torabstände herausgefiltert, die Daten durch den Computer gejagt und 100.000 mal die Endrunde in Brasilien simuliert. 22.000 Mal hat Deutschland dabei gewonnen. 78.000 mal aber auch nicht.
Was Metin Tolan am Ende nicht erklärt hat: Warum Bosnien-Herzegowina in seiner Simulation mit 11.000 Weltmeister-Titeln auf Platz drei landet und Spanien mit 650 Siegen unter Ferner liefen. Und vielleicht ist Fußball ganz am Ende doch sehr einfach. Der Professor zeigt einen Talkshowschnipsel. Darin sagt Berti Vogts: „Die Spieler müssen jetzt einfach nur dahin fahren und den Pott holen . . .“