Mülheim. Keine Stadt im Umkreis hat bislang Gastwirten mehr Geld für Außengastronomie abverlangt als Mülheim. Damit ist es nun vorbei. Eine Mehrheit aus SPD, FDP und Wir-Linke hat den Beitrag jetzt halbiert. So richtig das ist, so ist es aber doch am eigentlichen Problem vorbeigedacht. Ein Kommentar
Es gibt zwei Sorten von Gastronomen. Die einen sagen, den Euro, den sie nicht ausgeben, müssten sie nicht verdienen. Die anderen sagen, den Euro, den ich investiere, bekomme ich verzinst zurück.
In welchem Lokal fühlt man sich gemeinhin wohler?
Eine politische Mehrheit im Mülheimer Rat hat nun beschlossen, dass den Gastronomen , vor allem denen in der Innenstadt, die Hälfte der Gebühr für Außengastronomie erlassen wird. Mit anderen Worten: Die genau zwei Handvoll Betriebe, die sommers Tische und Stühle vor die Tür und auf die Straße stellen, zahlen nun 2,30 statt 4,60 Euro für den Quadratmeter Straßenpflaster im Monat.
Die falsche Fragestellung
Damit ist Mülheim schlagartig die rote Latene im Umlandvergleich los, die sie bisher hatte. Nur Düsseldorf war bislang für Lokale, Gaststätten und Eiscafés teurer. Selbst dort, wo Kunden gerne und freiwillig massenhaft hingehen, auf der Essener Rü beispielsweise, beträgt der Obolus nur 3,20 Euro.
So weit, so gut. Das Traurige an der im Grunde überfälligen Entscheidung ist aber die Art und Weise, wie sie politisch diskutiert worden ist. Die Diskussion lief entlang der Argumentationslinie, ob die klamme Stadt sich das leisten könne. Eine Mehrheit aus SPD, FDP und Wir-Linke meinte, ja. Eine Minderheit aus Grünen und vor allem der CDU meinte, nein. Beide liegen falsch.
Zu wenig Mut
Um nachzuzählen, ob und wieviel Geld noch irgendwo im Stadtsäckle liegt oder nicht liegt, dafür braucht es keine Bürgervertretung. Das kann jeder mit mathematischen Grundkenntnissen. In Wirklichkeit geht es doch darum: Welche Art von Stadt möchte die Stadt sein? Eine, die den Euro, den sie nicht ausgibt, nicht verdienen muss?
Nein, eine solche Stadt möchte niemand. Draußen nur Kännchen, diese Prinzipienreiterei führt viel zu oft schon zu mutlosen Entscheidungen. Die Menschen möchten eine Stadt, die investiert, die Besseres will als das, was sie hat. Kritische Geister möge nun einwenden, ob das mit 11.000 Euro, so schwer wiegt der beschlossene Verzicht, zu leisten ist. Nein, das ist es natürlich nicht. Aber genau darüber hat ja niemand gesprochen und deswegen war die Debatte auch so nutzlos.
Wovon alle etwas hätten
Eine mutige, eine investive und richtige Entscheidung wäre es gewesen, die Gebühr ganz zu streichen - und sie in Staffelbeträgen wieder einzukassieren, wenn ein Betrieb sich über Jahre erfolgreich am Markt behauptet.
Das wäre ein kluges Investment gewesen. Eines, das Gastwirte eher anlockt, das hilft Arbeitsplätze und Steuereinnahmen zu sichern und die Chance auf einen Wandel zu mehr Lebendigkeit und Vielfalt bietet. Davon hätten alle etwas.
So ist halt ein bisschen an der Stellschraube gedreht worden. In der richtigen Richtung, das stimmt schon. Aber mehr eben auch nicht.