Mülheim. In Mülheim werden die Gebühren für Außengastronomie halbiert. Nach einer hitzigen Debatte haben SPD, FDP und Wir-Linke dies zur Stärkung der Innenstadt durchgesetzt. Heiko Hendriks von der CDU schimpfte: Das sei nicht maßvoll, populistisch, geradezu skandalös.

Die Gebühren für die Außengas­tronomie in Mülheim werden halbiert. Dies haben Finanzpolitiker von SPD, FDP und Wir-Linke beschlossen. Die Parteien versprechen sich davon insbesondere eine Stärkung der Gastronomie in der notleidenden Innenstadt. Die politische Konkurrenz warf ihnen mit Blick auf die 50-prozentige Gebührensenkung „Populismus“ vor. Eine maßvollere Gebührensenkung hätte es auch getan. . .

Maßlos, populistisch, unseriös – CDU-Ratsherr Heiko Hendriks redete sich in der Debatte vor dem 11:7-Abstimmungserfolg für den Antrag von SPD und FDP in Rage (die MBI enthielt sich). „Eigentlich ist das ein Skandal, was Sie hier machen“, richtete er am Montagabend in der Sitzung des Finanzausschusses scharfe Worte an die rot-gelbe Sachkoalition.

Gebührenentlastung für die Gas­tronomiebetriebe vor allem in der Innenstadt nötig

Bunte Vielfalt statt tote Hose

Was fehlt der Innenstadt? Ganz klar: auch Aufenthaltsqualität. Einige wenige Gastronomen, die das Nichtrauchergesetz und die Innenstadtkrise bis jetzt überstanden haben, strampeln sich ab, damit Mülheims spärliche Innenstadt zumindest ein bisschen dieser Willkommens-Atmosphäre ausstrahlen kann, die wir uns wünschen. Eine Entlastung der Gastronomen, zumal nicht millionenschwer, ist da zu begrüßen. Es ist tatsächlich ein Signal: Vorhandene Gastronomie soll gehalten werden, zusätzliche darf gerne kommen. Mülheim müsste in der Innenstadt viel mehr auf Gastronomie setzen. Sie ist nicht nur Lückenfüller, sondern wesentliches belebendes Element. Wirtschaftsförderer, übernehmen Sie! „Tote Hose“ haben wir genug. Bunte Vielfalt wäre erfrischend.

Mirco Stodollick

Tatsächlich herrschte in der Politik dieser Tage Einigkeit, dass eine Gebührenentlastung für die Gas­tronomiebetriebe vor allem in der Innenstadt nötig sei, damit zarten Pflänzchen der Belebung dort nicht das Wasser abgegraben wird. „Die Gastronomie“, so stellten SPD und FDP in ihrem Antrag fest, „befindet sich derzeitig in einer nachweisbar schwierigen wirtschaftlichen Situation“.

CDU und Grüne stellten sich aber mit einem Antrag gegen die Halbierung der Gebühren. Sie schlugen nun vor, die Gebühr pro Quadratmeter Außengastronomie nur um gut 17 % zu senken (3,80 statt heute 4,60 Euro pro Monat). So könne einerseits der Gastronomie geholfen werden, andererseits trage eine maßvolle Absenkung der „katastrophalen Haushaltslage“ Rechnung.

40.028 Euro Einnahmen im Jahr 2013

Kein Gespür fürs Sparen

Die Stadt hat’s ja. Also halbiert man mal eben die Gebühren für Gastronomen, als würde das die Innenstadt retten. Was die Außengastronomie braucht, ist gutes Wetter, ein gutes Angebot, eine nette Atmosphäre. Den Rest regelt der Markt.
Gut, man wird sagen können, was sind schon 20.000 Euro oder noch weniger bei 1,4 Milliarden Schulden! Aber dann hätte man ja auch jenen 110.000 Euro für die offene Ganztagsschule zustimmen können, da geht es immerhin um Vereinbarkeit von Familie und Beruf und nicht um Freizeit und Bier. Oder man hätte jenen Händlern unter die Arme greifen können, die angesichts der jahrelangen Buddelei ein Drittel ihrer Kundschaft verloren hatten. Ein nachvollziehbares Konzept, wie gespart und gefördert wird, ist nicht zu erkennen.

Andreas Heinrich

Der Streit schaukelte sich im Ausschuss hoch. Die Gastronomie in der Innenstadt brauche „ein deutliches Signal“, meinte Peter Beitz (FDP). Heiko Hendriks wies dies – wie gesagt – als skandalös zurück, als maßlos und „populistisch“ in Zeiten des Kommunalwahlkampfes.

Letztlich ging es um 11.000 Euro Differenz zwischen den Vorschlägen beider Sachkoalitionen. Denn mit Gebühren für Außengastronomie werden die Kassen des Kämmerers auch heute nicht prall gefüllt. Im Jahr 2013 vereinnahmte die Stadt auf den Euro genau 40.028 Euro für die Außengastronomie im Stadtgebiet.