Mülheim. . Einige Verantwortungsträger der Stadt Mülheim stellen Planspiele für eine Kaufhof-Rochade an. Die Stadt könnte sich selbst als Ankermieterin in einem Neubau anbieten, um Investoren an den Standort zu locken. Umzüge von B wie Bürgeramt bis V wie VHS sind in der Prüfung.

Die Ruhrbania-Gesellschaft versucht hinter den Kulissen politisches Wohlwollen für ihre Überlegung zu erzeugen, die drängende Kaufhof-Frage über ein von der Stadt getragenes Nachnutzungskonzept zu lösen. Weil alle Verhandlungen von Kaufhof-Eigentümer Jochen Hoffmeister für ein neues Einkaufcenter bisher im Sande verlaufen sind, soll die städtische Zusage, an Ort und Stelle publikumsstarke Einrichtungen zusammenzuziehen, Neubau-Investoren anlocken. Eine groß angelegte Behörden-Rochade wird zurzeit auf Wirtschaftlichkeit durchgerechnet.

Der WAZ liegt ein entsprechendes Papier vor, das das Gedankenkonstrukt von Ruhrbania-Gesellschaft und Beteiligungsholding bereits in eine Architekturskizze für das Kaufhof-Areal zusammenführt. Demnach soll der Kaufhof abgerissen werden und ein zu Ruhrbania durchlässiges neues Gebäudeensemble entstehen.

Publikumsträchtige Einrichtungen könnten umziehen

Für diesen Neubau könnte, so die Überlegung, die Stadt einem potenziellen Investor Vermarktungssicherheit anbieten: Flächen, die mangels Mietinteressenten eine Investition bislang hemmen, könnte die Stadt belegen. An publikumsträchtige Einrichtungen ist dabei gedacht: an das Bürgeramt, die Tourist-Info (und das RWE-Kundencenter), das MVG-Kundencenter, das Gesundheitsamt. . .

Die Konzept-Initiatoren haben auf längere Sicht gedacht. Beispiel Gesundheitsamt: Heute firmiert es auf dem Ruhrbania-Baufeld 3, bald soll dort aber ein neues Viertel mit Stadthäusern entstehen. Das Gesundheits- und das dort ebenfalls beheimatete Rechnungsprüfungsamt brauchen folglich absehbar eine neue Unterkunft. Sie könnte auf dem Kaufhof-Areal entstehen.

Darüber hinaus ist angedacht, das publikumsträchtige Bürgeramt von der Löhstraße loszueisen. Die dort langfristig angemieteten Flächen könnte das Sozialamt belegen, für das derzeit auf Sicht die alte Thyssen-Schachtbau-Verwaltung an der Ruhrstraße angemietet ist. Weitere Frequenzbringer zwischen Ruhrbania und Schloßstraße könnten das MVG-Kundencenter sowie Tourist-Info und RWE-Kundencenter aus dem Medienhaus sein. Freiwerdende Flächen im Medienhaus, so die Überlegung, könnte die VHS belegen. Denn auch die VHS, die alsbald für 6 Mio. Euro grundlegend saniert werden müsste, ist Teil der Prüfung. Die Investition, so die Idee, könnte sich die Stadt sparen, die VHS dezentral organisiert werden.

Alle Varianten werden durchgerechnet

Wie zu hören ist, wird derzeit durchgerechnet, ob dieses Konzept für die Stadt wirtschaftlich wäre. Zusammen mit einer möglichen Landesförderung des Kaufhof-Abrisses hätte die Stadt am Ende dieser Prüfung gegebenenfalls eine Verhandlungsposition aufgebaut, um Kaufhof-Eigentümer Hoffmeister den Verkauf an einen Investor schmackhaft zu machen, der gewillt ist, das Projekt mit den Mietzusagen der Stadt anzugehen.

Die Verhandlungspositionen beim Kaufhof 

Die Stadt als Mieterin in einem oder mehreren Neubauten auf dem Kaufhof-Areal – im politischen Raum gibt es dagegen Vorbehalte, die einer herbeigesehnten Lösung der wichtigsten Innenstadt-Frage im Wege stehen könnten. Es wird aller Voraussicht nach viel (auch öffentliche) Überzeugungsarbeit zu leisten sein, will die Stadt tatsächlich auf diese Strategie setzen.

Die Fakten: Laut Bodenrichtwerten ist ein geräumtes Kaufhof-Areal rund 4, 2 Mio. Euro wert, der diskutierte Abriss des Gebäudes würde laut Schätzungen 1, 6 Mio. Euro kosten. So blieben der Stadt rein rechnerisch 2, 6 Mio. Euro, die sie Kaufhof-Eigentümer Jochen Hoffmeister für Grundstück mit Gebäude bieten kann, ohne dass sie dem SPD-nahen Immobilien-Eigentümer über Gebühr von der Last nimmt, die er sich mit der Fehlinvestition in den Kaufhof seinerzeit aufgehalst hat.

Lösungsorientierter Ansatz

Ja! Das Gedankenspiel, das Ruhrbania-Gesellschaft und Beteiligungsholding da anstellen, macht Sinn. Jahrelang ist es dem Kaufhof-Eigentümer nicht gelungen, den Markt für eine Investition am Standort zu begeistern. Das eine Hemmnis mag der Preis sein, den er für einen Verkauf aufruft (laut Insidern rund 7 bis 7,5 Mio. Euro). Eines ist in den vergangenen Jahren aber auch deutlich geworden: Interessierten Investoren fehlten stets die Ankermieter, damit sich die Sache rechnen konnte. Wünschenswerte Ankermieter, das ist eine bittere Erkenntnis, meiden den Einkaufsstandort Mülheim an dieser Stelle. Es scheint, dass die Kaufhof-Frage nur mit städtischem Engagement zu lösen ist. Das mal durchzurechnen, ist zweckmäßig. Endlich mal ein lösungsorientierter Ansatz.

Problem nur: Hoffmeister will aus seinem Fehl-Invest ebenfalls mindestens mit einer schwarzen Null rauskommen. Wie zu hören ist, fordert er 7 bis 7, 5 Mio. Euro für Kaufhof und Grundstück.

Will die Stadt selbst eingreifen, muss sie im Delta von Hoffmeisters Forderung und aktuellem Grundstückswert verhandeln. Und sie kann darauf hoffen, für sich alleine gesehen einen finanziellen Verhandlungspuffer aufzubauen: Erstens dadurch, dass das Land bereit sein könnte, bei feststehenden Neubauplänen den Abriss des Kaufhofs mit einer Millionensumme zu fördern. Zweitens durch die Umzugs-Optionen städtischer Einrichtungen, die von der Ruhrbania-Gesellschaft und der Beteiligungsholding zurzeit durchgerechnet werden. Am Ende einer Ämter-Rochade könnte eine Miet- bzw. Kosteneinsparung stehen, die die Stadt als Masse in Verhandlungen mit Hoffmeister einbringen könnte.

Das Thema ist, zumal im Mai Kommunalwahlen anstehen, hoch sensibel. „Klar ist, dass die Stadt Hoffmeister den Kaufhof nicht vergolden darf“, heißt es unisono. Ob sich aber die Parteien neben der SPD überhaupt einem solchen Verfahren offen gegenüber zeigen ­werden, ist noch unklar. Die SPD-Nähe Hoffmeisters wirkt als Hemmschuh.