Mülheim. Der Schauspieler Hans-Joachim Heist alias Gernot Hassknecht spricht vor seinem Auftritt am Samstag in Mülheim über Wutanfälle, Politik und seine Kult-Rolle als cholerische Kommentator in der ZDF-heute-show.
Das Gesicht läuft rot an, der Puls schnellt hoch und er fängt an zu schreien: Als der cholerische Kommentator Gernot Hassknecht macht Hans-Joachim Heist seinem Frust in der ZDF-heute-Show Luft. Privat versucht der Schauspieler lieber, Streit zu vermeiden. Mit seinem Bühnenprogramm „In zwölf Schritten zum Choleriker“ ist er derzeit auf Deutschlandtournee und kommt dabei auch nach Mülheim. Laura Engels sprach vor dem Auftritt mit dem 65-Jährigen.
Sind lautstarke Wutausbrüche auf Dauer nicht ungesund?
Hans-Joachim Heist: Noch ist alles im grünen Bereich. Ich habe mit meinem Arzt gesprochen. Es ist wie bei einem Leistungssportler: Da geht der Puls und Blutdruck hoch, sobald der Sportler seine Höchstleistung erreicht hat und dann geht er aber auch wieder runter. Nur wenn das nicht geschieht, wird es gefährlich. Ich schreie ja aber auch nicht zwei Stunden am Stück.
Die Besucher müssen also keine Ohrstöpsel mitbringen?
Hans-Joachim Heist: Nein, das ist sehr dosiert. Es werden zwischendurch auch Videos eingespielt. Es geht um unsere neue Regierung, um Sport, Auto fahren und Ehe. Wo kann man sich besser aufregen als im Schoß der Familie?
Sind Sie nach einem Hassknecht-Auftritt besonders harmoniebedürftig?
Hans-Joachim Heist: Ich bin generell sehr harmoniebedürftig und ein Familienmensch. Ich versuche, Streit zu vermeiden, wenn es möglich ist.
Warum glauben Sie, ist Hassknecht bei den Deutschen so beliebt?
Hans-Joachim Heist: Für viele ist er die Stimme der ungehörten Masse. Er ist das Sprachrohr wenn es darum geht, Ärger über die Missstände in unserem Land auf den Punkt zu bringen – lautstark, wortgewaltig und natürlich garantiert parteiübergreifend. Er polarisiert.
In welchen Situationen hauen Sie privat gerne mal auf den Tisch?
Hans-Joachim Heist: Soziale Ungerechtigkeiten bringen mich auf die Palme, überhaupt menschenunwürdiges Verhalten. Oder wenn Hundebesitzer ihre Tiere einfach ‘rumlaufen und überall hinscheißen lassen.
Bekommen Sie dann einen Wutausbruch à la Hassknecht?
Hans-Joachim Heist: Natürlich gibt es Situationen, in denen ich Wutanfälle bekomme. Ich bin kein Choleriker, aber wütend werden kann ich schon.
Sie sind fernab des Rampenlichts auch Regisseur am Oststadt-Theater-Mannheim, Botschafter der Deutschen Nierenstiftung und waren Stadtverordneter in Pfungstadt. Sind das die Rollen, die Hans-Joachim Heist persönlich näher sind?
Hans-Joachim Heist: Für Politik habe ich mich schon immer interessiert. Ehrenamtliche Kommunalpolitiker opfern ihre Freizeit, um etwas zu erreichen, das finde ich großartig. Das wird nicht genug gewürdigt.
Wie lange waren Sie in der Politik?
Hans-Joachim Heist: Sechs Jahre. Aus Zeitgründen musste ich das leider aufgeben. Zum Regie führen komme ich derzeit leider auch nicht. Im Moment steht Hassknecht im Vordergrund.
Sie Sind Taxi gefahren, haben Möbel verkauft, hatten eine Gaststätte, haben einen Gesellenbrief als Installateur und ein abgebrochenes Ingenieursstudium. Wie haben Sie zur Schauspielerei gefunden?
Hans-Joachim Heist: Das war immer schon mein Ziel, ich habe nur einen kleinen Umweg genommen. Ich habe schon als Kind im Schultheater gespielt. Meine Eltern wollten, dass ich einen anständigen Beruf lerne. Ich habe meine Schauspielausbildung später dadurch finanziert, dass ich Taxi gefahren bin oder Möbel verkauft habe. Ich komme nicht aus einem reichen Elternhaus und musste mir das alles erarbeiten. Dadurch habe ich fürs Leben sehr gelernt.
Seit 40 Jahren schlüpfen Sie nun in andere Rollen. Ist Schauspielerei Ihre Bestimmung, oder kommt da noch mal was anderes?
Hans-Joachim Heist: Nein, das ist seit Jahren mein Ding. Ich werde auch nicht mit 65 Jahren in Rente gehen. Solange ich auf der Bühne noch verlangt werde und noch vor der Kamera stehen kann und darf, werde ich das auch machen – vorausgesetzt, die Gesundheit spielt mit.
Gilt das auch für die Rolle des Hassknechts?
Hans-Joachim Heist: Bis jetzt hab ich noch sehr viel Spaß dran und werde das so lange spielen, bis irgendwer sagt, nun ist es genug. Dann geht halt die Figur in Rente.