Mülheim. . Hobby Familienforschung: Das Mülheimer Stadtarchiv bietet dafür viele Ansätze und Hilfestellungen. Die vorhandenen Akten reichen 300 Jahre zurück und liefern auch überraschende Funde

Familienforscher kennen nur eine Richtung: Rückwärts. Ausgehend von der eigenen, engsten Familie reisen Genealogen auf der mühseligen Ahnenpirsch in die Vergangenheit. Das Mülheimer Stadtarchiv bietet für die Vorfahrensuche einen umfangreichen Aktenschatz und viele Hilfestellungen.

In den letzten Jahren erfährt dieses Hobby Zulauf. Das Internet macht viele Daten zugänglich. 2009 wurden die Standesamtsunterlagen in den Städten frei zugänglich. Die Melderegister, die seit Oktober 1874 lückenlos Geburten, Hochzeiten und Sterbefälle erfassen, sind eine wichtige Brücke auf dem Weg in die Familiengeschichte. „Seitdem ist die Zahl der Anfragen gestiegen”, sagt Archivleiter Dr. Kai Rawe.

Register reichen bis 1658 zurück

Die Akten davor im Archiv blicken gut 300 Jahre zurück, die Kirchenbücher der katholischen Urgemeinden Maria Himmelfahrt Saarn und Mariae Geburt in der Innenstadt etwa wurden ab Anfang des 18. Jahrhunderts geführt, listen Taufen, Trauungen und Todesfälle auf. Die evangelischen Register (liegen im Kirchen-, nicht im Stadtarchiv) reichen bis 1658 zurück, die der reformierten Gemeinde bis 1610.

Wichtige Fakten zur Ahnensuche im Stadtarchiv

Besuche im Stadtarchiv (Von-Graefe-Straße 37 im Haus der Stadtgeschichte) sind möglich zu den Öffnungszeiten montags 9 bis 16, dienstags 9-18 und donnerstags 9-16 Uhr. Infos unter 455 42 60.

Wer in Mülheim nach seinen Ahnen forschen möchte, kann sich im Internet über die vorhandenen Aktenbestände informieren. Recherche in den Quellen ist online allerdings nicht möglich.
www.muelheim-ruhr.de/haus_der_stadtgeschichte.html

Einige Datensätze gibt es in lesbarer Bearbeitung. Die Kirchenbücher etwa sind als CD erhältlich, herausgegeben von einem Essener Historiker. Eine Arbeitsgruppe hat auf Initiative der ehrenamtlichen Forscherin Bärbel Essers 40.000 Einträge einer Volkszählung von 1861 aus dem Landesarchiv digital erfasst und sortiert nach Stadtteilen in bislang acht Büchern veröffentlicht.

Bärbel Essers bietet zudem einmal im Quartal eine Beratung für Familienforscher im Lesesaal des Stadtarchivs. Der nächste Termin: Dienstag, 11. Februar, 16 Uhr.

Ergänzend dazu lagern im Stadtarchiv alte Adressbücher, die Bürgerlisten der französischen Besatzungszeit unter Napoleon („Munizipalitätsregister”, um 1808), alte Tageszeitungen, zu mächtigen Schwarten gebunden, Akten zu speziellen Themen wie jüdischen Mitbürgern. Diese Dokumente „liefern nicht immer die erwartbaren Funde”, sagt Rawe, „aber manchmal die überraschenden. Der Blick nach links und rechts lohnt sich.”

Der Zugriff auf die Mülheimer Datenberge ist in aller Regel sehr leicht. Für Besucher – auch ohne Anmeldung – können gewünschte Akten schnell zur Einsicht aus dem Magazin geholt werden. Soweit es die Zeit erlaub, beraten und unterstützen die Mitarbeiter Familienforscher auch, so Rawe. Anfragen werden außerdem per Brief, E-Mail und am Telefon beantwortet.

Selber lesen ist gratis

Sobald die Archivare dafür recherchieren müssen, werden Gebühren fällig (15 Euro je Viertelstunde). Selber lesen ist gratis, abschreiben auch, Kopien (nicht von allen Akten möglich) und Digitalfotos wiederum kosten. „Für viele reicht es aber, die Infos zu sammeln“, weiß der Archivleiter.

Familiengeschichten sind immer auch ein Spiegel der Stadtgeschichte. So gibt es in Mülheim viele alte, lange ansässige Familien. Anders als im nördlichen Revier, wo Zechen und Zuwanderer erst Städte aus Dörfern machten. „Der Bergbau war hier nicht so bedeuten. Mülheim hat eine viel längere Tradition als Handelsplatz und war vor hundert Jahren schon Großstadt. Zuwanderung spielt natürlich auch eine Rolle, aber keine so prägende wie in der Emscherzone“, erklärt Rawe.

Wer zurück in die Vergangenheit reisen möchte, muss sich allerdings auf Hürden einstellen. Zum Beispiel die schwer zu entziffernde Schnörkelschrift alter Kirchenbücher. Rawe: „Da frickelt man auch mal drei Stunden an einem Satz . . .“