Mülheim. Agenturbilanz 2013: Seit sieben Jahren gab es nicht mehr so wenig Menschen ohne Job, auch die Konjunkturerwartung für 2014 ist gut. Allerdings sinkt die Zahl der Jobs in der Stadt

Der Arbeitsmarkt in Mülheim sei stabil, „trotzt aller Belastungen und konjunkturellen Skepsis der Unternehmen“, bilanzierte Christiane Fern am Freitag das vergangene Jahr. Für 2014 hofft die Chefin der Arbeitsagentur Mülheim/Oberhausen auf „eine leichte Verbesserung“. Das zumindest ließen volkswirtschaftliche Eckdaten und Konjunkturumfragen erwarten.

Zunächst die gute Nachricht: Im Jahresmittel waren im letzten Jahr 6336 Mülheimer ohne Job (Quote 7,6 %) – das ist der beste Wert seit 2007. Damals standen 8235 Menschen (10,1 %) auf der Straße. Gut 23 % der Arbeitslosen werden bei der Agentur geführt, 77 % beim Jobcenter. Auch das ein guter Wert. Zum Vergleich: In Oberhausen stecken über 84 % der Arbeitslosen in der Grundsicherung.

Chefs zögern bei Neueinstellungen

Allerdings sinke zugleich die Zahl der neu gemeldeten Stellen (minus 335 auf 3560 im letzten Jahr). „Der Zugang war schon mal besser, in der Spitze 4000 Stellen“, berichtet die Agenturchefin. Sie stellt fest: „Die Chefs zögern bei Neueinstellungen eher und warten ab.“ Knapp ein Drittel der neuen Jobs wurde von Zeitarbeitsfirmen ausgeschrieben. Der Anteil scheint hoch, ist gegenüber 2012 aber von 36,3 auf 31,9 % gefallen. „Zeitarbeit ist ein Spiegel der Wirtschaft“, erläutert Fern. Steigende Nachfrage bedeutet meist, die Firmen haben gut zu tun, sinkende Nachfrage lässt auf Auftragsdellen schließen.

Weitere Nachrichten aus der Jahresbilanz der Agentur

Die Jugendarbeitslosigkeit in Mülheim „war immer gering – und das ist ‘ne Botschaft wert“, findet Agenturchefin Fern. Die Zahl der jungen Menschen (15 bis 25) ohne Job schwankt monatsweise stark, 2013 zwischen 229 und 342 Betroffenen. Das Jahresmittel lag bei 275, im Jahr davor bei 268.

Für 900 junge Erwachsene (25 bis 35) ohne Ausbildung hat die Agentur ein neues Programm aufgelegt, wirbt bei Betrieben darum, auch Älteren noch eine Lehrstelle zu geben. Azubi mit 27? „Es ist nicht leicht, eine Stelle zu finden. Aber warum denn nicht?“, sagt die Mülheimer Agenturleiterin Lorke.

Die „echte“ Arbeitslosigkeit (Agenturbegriff: Unterbeschäftigung) liegt höher als die amtlich registrierte: Im Dezember 2013 etwa steckten 2500 Menschen in Weiterbildung, Qualifizierung oder Arbeitsgelegenheiten. Diese Personen mit eingerechnet, liegt die Quote in Mülheim bei 10,3 %

Gesunken ist auch die Zahl der sozialversichert Beschäftigten insgesamt (minus 158 auf 56 397 im März 2013, jüngere Daten gibt’s noch nicht), so Christiane Fern. Der Schwund an Beschäftigten fällt auf, auch wenn er gering ist: Denn damit steht Mülheim im Vergleich mit Nachbarstädten alleine da.

Quote der gescheiterten Existenzgründungen sei gering

Und: Weniger Mülheimer sind geringfügig beschäftigt, ihre Zahl sank um 282 auf 16 189. Ausschließlich eine Minibeschäftigung haben 11.279 Menschen in der Stadt, für 4911 ist’s ein Nebenjob.

Knapp 30 Mio. Euro hat die Agentur im letzten Jahr ausgegeben, um Menschen auf dem Weg in Arbeit zu unterstützen. Allein 9,6 Mio. gingen in Reha-Maßnahmen, für 7,1 Mio. wurden Jugendliche qualifiziert und gefördert. 65 Menschen bekamen einen Gründungszuschuss auf dem Weg in die Selbstständigkeit (gesamt 1,23 Mio.). Die Quote der gescheiterten Existenzgründungen sei gering, berichtet Sibylle Lorke, Leiterin der Agentur Mülheim.

Gute Struktur und agiler Mittelstand

Woran liegt’s, dass der Arbeitsmarkt hier vergleichsweise stabil ist? Sibylle Lorke: „Mülheim hat eine gute Struktur und nie auf nur ein Pferd gesetzt. Wir haben Industrie, Dienstleister, Global Player wie Thyssen und Siemens, einen sehr agilen Mittelstand. Und es ist auch nicht absehbar, dass sich an dieser Struktur etwas ändert.“

Christiane Fern glaubt, dass Mülheim 2014 vom erhofften Wirtschaftswachstum (bis zu 3,2 % plus) profitiert: „Wir wünschen uns natürlich, dass die Unternehmen dann auch viele Leute einstellen und viele Lehrstellen schaffen.“