Mülheim. Das geplantes Hochschulgesetz sorgt für massive Kritik bei der Fachhochschule

„Das ist eine Kriegserklärung an die Hochschulen.“ Eberhard Menzel, Rektor der Hochschule Ruhr-West, spricht von den neuesten Plan des NRW-Wissenschaftsministeriums. „Hochschulzukunftsgesetz“ nennt es Ministerin Svenja Schulze, Rektor Menzel spricht vom „Hochschulverhinderungsgesetz“. Aber nicht nur aus Mülheim gibt es Kritik, erst gestern ging ein Protest-Aufruf des Deutschen Hochschulverbandes an die Ministeriums-Adresse - unterschrieben von über 800 Wissenschaftlern.

Die Aufregung ist verständlich, denn das Gesetz zielt auf den Kern: die Autonomie der Hochschulen. Zwar wird ständig beschworen, Hochschulen sollten ein eigenes Profil herausarbeiten - vor allem durch Kooperationen mit der Wirtschaft. Doch aus Sicht von Rektor Menzel entpuppen sich nun solche Aussagen als Phrasen aus Sonntagsreden. „Uns wird ein unglaubliches Misstrauen entgegengebracht.“ Die Handlungsfreiheit solle massiv eingeschränkt werden. Dabei hat gerade die Hochschule Ruhr-West bewiesen, wie diese Handlungsfreiheit genutzt werden kann. Vor allem dank der guten Vernetzung mit der regionalen Wirtschaft hat sich die Hochschulgründung zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt. Und nun?

Viele Verbindungen entstanden

Beispiel Kooperation: „Wir arbeiten mit Firmen in vielfältiger Weise zusammen. Es gibt Stiftungsprofessuren oder Stipendien für Studenten. Oder das Angebot eines dualen Studiums. Vor allem arbeiten wir aber im Bereich der Forschung und Entwicklung zusammen.“ Und da erkennt Menzel Probleme, sieht das geplante Gesetz doch vor, dass solche Projekte zukünftig via Internet öffentlich gemacht werden sollen. „Damit wäre dieses Kapitel beendet. Im Ministerium hat man vermutlich keine Vorstellung davon, wie viele Geheimhaltungsabkommen ich in den letzten Jahren unterschrieben habe.“

So sieht man es auch beim Förderverein der Hochschule, in dem sich mittlerweile 70 Unternehmen zusammengeschlossen haben. „Die Firmen wollen nicht ihre Wettbewerbsvorteile einbüßen“, betont dessen Geschäftsführer, Thomas Müller. In der Vergangenheit seien schon viele Verbindungen entstanden. Zuletzt mit dem Medizin- und Unterhaltungselektronikhersteller Olympus und der SMS Meer GmbH. „Solche Unternehmen investieren immer mehrere 100.000 Euro“, so Müller. Darauf will und kann die Hochschule nicht verzichten.

Hochschule formt ihr Fächerangebot

Beispiel Fächerangebot: Studien belegen es: Gerade die Absolventen von Fachhochschulen suchen später nach Stellen in der Region. Die Konsequenz: Die Hochschule formt ihr Fächerangebot und die Studieninhalte exakt nach den Bedürfnissen der regionale Industrie. Das neue Gesetz jedoch würde die Möglichkeiten, solche regionalen Akzente zu setzen, massiv einschränken.

Denn das Ministerium will Zentralismus durchexerzieren. In Düsseldorf soll das letzte Wort über den Fächerkanon fallen. Aus Sicht von Thomas Müller wäre das fatal für den Wirtschaftsstandort. Denn wenn die örtliche Wirtschaft in den Region keine wissenschaftlichen Partner mehr findet, dann orientiere sie sich eben in andere Regionen hin.

Ministerium will mehr Einfluss nehmen

Beispiel internationale Wettbewerbsfähigkeit: Studiengänge müssen heutzutage regelmäßig geprüft werden. Wenn sie neu eingerichtet werden, aber auch später wird in bestimmten Jahresabständen so überprüft, ob der Studiengang wirklich dem angestrebten Qualitätsstandard entspricht. Diese Kontrolle läuft über unabhängige Agenturen. Deren Ansprechpartner in den Hochschulen sind sogenannte Akkreditierungsräte, die ebenfalls mit unabhängigen Persönlichkeiten besetzt werden.

Mit dem neuen Gesetz will nun auch das Ministerium Einfluss auf die Zusammensetzung dieses Gremiums nehmen. Die Befürchtung von Rektor Eberhard Menzel: „Internationale Standards können dann nicht mehr eingehalten werde.“ Denn um entsprechend akkreditiert werden zu können, müsste genau die Unabhängigkeit dieses Organs sichergestellt sein. Auch hier also eine fatale Folge für den Wissenschaftsstandort.

Menzel hofft, dass sein Protest und der seiner Kollegen von anderen Hochschulen Früchte tragen wird. Am 15. Januar wird die Hochschule an ihrem neuen Standort Richtfest feiern. Der Ministerin wird Menzel dann aber seine Kritik nicht persönlich vortragen können – denn zu diesem Festakt erscheint Landesbauminister Mike Groschek.