Mülheim verschwindet unter einer Dunstwolke, das Schloß Broich wird zum Luxushotel und der Kaufhof endlich zum Schwimmbad. Zudem legt ein Dachs den Flughafen lahm und OO Schneider ermittelt als neuer Tatort-Kommissar an der Ruhr. In einer nicht ganz ernst gemeinten Jahresvorschau verrät die WAZ, was das neue Jahr bringt.

Januar: Mülheim ist zwar nicht die Copacabana, wie im Vorjahr einmal süffisant zum Kneipensterben festgestellt worden ist, doch gibt es Hoffnung für die ausgedünnte Kneipenlandschaft. NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens erklärt Mülheim auf Druck des Wirtschaftsministeriums kurzerhand zum Modellgebiet, in dem die Abkehr vom Raucherschutzgesetz erprobt werden soll. Ende Januar legen sich dichte Rauchschwaden über die Stadt. Tom Buder steht wieder hinter dem Zapfhahn im Kaisereck. Die Leerstände der Innenstadt füllen sich nach und nach mit Bierausschankbetrieben. Die Überraschung am Eppinghofer Bruch: Marco Wanicki eröffnet dort das szenige Winkhaus wieder.

Februar: In der Vergangenheit flossen zumindest tröpfchenweise Fördermittel für die Sanierung von Schloß Broich nach Mülheim. Da nun aber auf allen Denkmaltöpfen der Deckel gelegt ist, gibt die Stadt ihre Burganlage auf und verkauft sie an einen privaten Investor aus den Arabischen Emiraten. Der will dort ein Luxushotel mit Falknerei etablieren. Das bröckelnde Schloss bekommt er für einen symbolischen Euro. MST-Chefin Inge Kammerichs atmet auf: „Endlich bekomme ich mein Hotel.“

Endlich eine Vision für die neue Verkehrsführung

März: Endlich gibt es auch eine Vision für eine neue Verkehrsführung in der Innenstadt. Weil die Politik nicht weiter wusste, hat sie im Charrette-Verfahren die Bürger befragt. Deren Idee soll nun umgesetzt werden: Die Leineweberstraße wird untertunnelt und an den Bahntunnel unter der Ruhr angebunden. Die Straßenbahnen 102 und 901 rollen demnächst wieder über die Brücke. 250 Mio. Euro soll das Projekt kosten. Der Stadtrat beschließt hierfür jeweils einen 100 %-Aufschlag auf die Gewerbe-, Grund- und Zweitwohnungssteuer.

April: Ganz Mülheim hält es für einen Aprilscherz, doch die Nachricht hat Hand und Fuß: Tatsächlich bekommt die Stadt ein neues Schwimmbad. Kaufhof-Eigentümer Jochen Hoffmeister ist nach Jahren des Leerstands ein Coup geglückt: Seine Immobilie soll noch in diesem Sommer geflutet werden. Die Tanjong-Gruppe aus Malaysia tritt als Investorin auf und will in Mülheim ein zweites „Tropical Islands“ schaffen. Vorbild ist der tropische Freizeitpark der Asiaten 60 Kilometer südlich von Berlin.

OB Mühlenfeld ist entsetzt

Mai: Mülheims Große Koalition in Grundsatzfragen ist mit der Kommunalwahl Geschichte. Mit dem Bündnis für Bildung, der Alternative für Deutschland und den Piraten ziehen gleich drei neue Fraktionen in den Stadtrat ein. Die SPD bleibt mit einem Wahlergebnis von 25,9 % zwar stärkste Fraktion, doch kann sie sich darüber nicht so recht freuen, weil Mehrheiten nun nicht mehr zu organisieren sind. Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld ist entsetzt. Aus einer parteiinternen Krisensitzung nach der Wahl dringen Worte ihrer Resignation an die Öffentlichkeit: „Hätte ich doch bloß meine Amtszeit verkürzt. Jetzt bin ich die Dumme, die den Stillstand zu verantworten hat.“ Künftig will sich die OB auf ihre Aufgabe beim Städtetag konzentrieren. In Mülheim wird sie kaum mehr gesehen.

Juli: Die Umgestaltung des Rathausmarktes lässt zwar weiter auf sich warten, dafür wird der Platz zum Wohnzimmer der deutschen Fußballnation. Weil der Frankfurter Römer belegt ist, bucht der DFB für den Empfang der Weltmeistertruppe von Jogi Löw (1:0 im Finale über Italien, Eigentor Balotelli) Mülheims Rathausmarkt. Ausschlaggebend für die Ortswahl: die gute Parkplatzsituation ringsum, vor allem die vielen Parkplätze an der Friedrich-Wilhelms-Hütte.

Dachs legt Flugverkehr lahm

August: Am Flughafen Essen/Mülheim steht der Flugverkehr still. Der Grund: Ein Dachs unterhöhlte dort das komplette Gelände. Das Tier hatte sein Domizil unter einem Mintarder Gartenhäuschen verlassen und war kurzerhand an den Flughafen gezogen. Dort geht nun nichts mehr – keine Starts, keine Landungen, völliger Stillstand. Die Mitglieder der Bürgerinitiative gegen den Fluglärm ließen sogleich die Sektkorken knallen und kündigten an, ihre Initiative in „BI zum Schutz der Dachse“ umzubenennen.


September: Für das Historische Klassenzimmer ist eine Lösung in Sicht: Das kleinste Museum der Stadt zieht in die Max-Kölges-Schule, die bereits zu den Sommerferien schließen musste. Dort haben die Ehrenamtlichen jetzt so viele Räume zur Verfügung, dass sie auf der Suche nach interessierten Künstlern sind, die dort Ateliers in den ehemaligen Klassenzimmern einrichten möchten.

Oktober: Nach den ersten Monaten, in denen sich der zersplitterte Stadtrat zu einer einzigen Entscheidung hat durchringen können (in den Saarner Auen wird ein zweites Ruhrbania geplant), gibt OB Dagmar Mühlenfeld entnervt auf. Ihre Amtsgeschäfte übernimmt Dr. Hendrik Dönnebrink. Er verantwortete vor seinem Wechsel in die Stadtkanzlei schon die Geschäfte der Beteiligungsholding, der Medl und der SWB. Dönnebrink: „Ausgelastet bin ich erst, wenn ich auch die MVG übernehmen müsste.“

Maffays Mülheim-Musical

Juni: Nachdem die Regler grünes Licht vom Hauptausschuss für die Bespielung der Freilichtbühne bekommen haben, konnte der Verein einen besonderen Gast gewinnen: Peter Maffay. Der Schlitzohr-Preisträger will bei der nächsten Mittwochsreihe an der Dimbeck aufschlagen und dort seine Version eines Mülheim-Musicals präsentieren.

November: West LB und Commerzbank knicken im Schadenersatzprozess gegen die Stadt Mülheim ein. „Ja, wir haben den Kämmerer damals ganz schön veräppelt“, geben die gestrandeten Banker vor dem Landgericht Düsseldorf zu. Mülheim bekommt 15 Mio. Euro Schadenersatz zugesprochen. In der Kämmerei haben die Finanzjongleure auch schon eine perfekte Anlagestrategie für die Millionen erdacht: „Wir investieren in den Kauf neuer RWE-Aktien. Das ist zukunftssicher“, ist aus der Kämmerei zu hören.

Dezember: Nachdem am 2. Weihnachtsfeiertag 2013 Nora Tschirner und Christian Ulmen mit ihrem Weimar-Tatort alle Kritiker begeistert haben, strahlt die ARD nun ihren ersten Mülheim-Tatort aus. Kommissar „00 Schneider“ ermittelt auf der Eppinghofer Straße und gerät ins Kreuzfeuer rivalisierender Rockerbanden. In weiteren Rollen: Sergej Gleithmann als tanzende Sekretärin im Kommissariat an der Von-Bock-Straße. Die Mülheimer Doppelgänger-Agentur Florstedt stellt einen Ersatz für den leider viel zu früh verstorbenen Helmut Körschgen. Leutnant Körschgen, wieder einmal als Assistent von Kommissar Schneider im Einsatz, verzückt Deutschlands Tatort-Gemeinde insbesondere durch sein erprobtes Markenzeichen: ein mit Gürtelschnalle auf seinem Kopf fixiertes Blaulicht.