Mülheim. Städtische Dienstsiegel machen aus Schriftstücken Urkunden: Ihr Verlust ist deshalb keine Bagatelle. Sie müssen immer unter Verschluss gehalten werden.
Auf den ersten Blick sehen sie wie ganz normale Stempel aus, ein Holzgriff mit Gummiprofil. Doch die Dienstsiegel der Stadt sind nicht irgendwelche Stempel. „Sie machen aus einem Schriftstück eine Urkunde und erhöhen damit die rechtliche Beweiskraft“, erklärt Stadtsprecher Volker Wiebels.
Deshalb werden wichtige Dokumente, wie zum Beispiel Baugenehmigungen, Zeugnisse, Ernennungs- und Beförderungsurkunden, Führerscheine, Kraftfahrzeugscheine, Gesundheits- und Leistungsbescheide oder Geburts,- Heirats- und Sterbeurkunden von Amts wegen dienstlich besiegelt. So ein Dienstsiegel kann im Zweifel Geld wert sein. Und deshalb muss der Verlust eines Dienstsiegels, wie jetzt an der Grundschule im Dichterviertel geschehen, sofort der Oberbürgermeisterin, der Dienstaufsicht führenden Bezirksregierung und dem für die Dienstsiegel zuständigen Personalamt gemeldet werden. „Wir machen das auch im Amtsblatt öffentlich, um damit zu dokumentieren, dass das verlorene oder gestohlene Dienstsiegel seine Wirksamkeit verloren hat“, erklärt Stadtsprecher Wiebels.
Vorschrift aus preußischer Zeit
Das Motiv des Dienstsiegels, das Stadtwappen und der Schriftzug „Stadt Mülheim an der Ruhr“ bleiben erhalten. Doch die individuelle Kennnummer des abhanden gekommenen Dienstsiegels wird ungültig und durch eine neue ersetzt. Das neue Dienstsiegel der Grundschule im Dichterviertel, samt neuer Nummer wird innerhalb weniger Tage in einer speziellen Prägeanstalt in der Lüneburger Heide hergestellt. Dort kommen alle Dienstsiegel der Stadt her. „Derzeit führt die Stadtverwaltung 159 große und 273 kleine Dienstsiegel. Die kleinen Dienstsiegel haben einen Durchmesser zwischen 11 und 22 Millimetern und werden bei allen Urkunden verwendet, die kleiner als eine Dina-4-Seite sind. Die großen Dienstsiegel, die bei allen Urkunden ab DIN-A4 verwendet werden, haben einen Durchmesser von 35 Millimetern“, erklärt Wiebels.
Wer wie ein Dienstsiegel benutzen darf, regelt die in ihrem Ursprung noch aus preußischer Zeit stammende Dienstsiegelverordnung der Stadt. Das Dienstsiegel der Stadt selbst ist so alt wie díe Stadtrechte, also 205 Jahre.
Dienstsiegel in Stahlkassette verwahrt
Das Dienstsiegel führen dürfen die Oberbürgermeisterin, die Dezernenten, Referatsleiter und Amtsleiter sowie von ihnen damit beauftragte Personen. Eine Sonderstellung haben Standesbeamte, wie Achim Stuhlemer, die, wie er sagt: „alle Lebenslagen von der Wiege bis zur Bahre durch unser Dienstsiegel beurkunden.“ Wie seine anderen siegelberechtigten Kollegen, die in einem Dienstsiegelregister festgehalten sind, hält er seine Dienstsiegel in einer Stahlkasette unter besonderem Verschluss.
Dennoch, räumt Stadtsprecher Wiebels ein, komme es im Abstand von einigen Jahren immer wieder vor, dass Siegel gestohlen würden oder verloren gingen. Dennoch kann er sich im Rückblick auf seine 39 Dienstjahre an keinen Schaden erinnern, der durch den Missbrauch eines Siegels entstanden wäre.