Mülheim.0. Bundestagsabgeordneter Arno Klare rechnet bei einer Informationsveranstaltung des Ortsverbandes Heißen seinen Genossen vor, was der Vertrag in Euro bedeutet.
Viele Sozialdemokraten haben sich offensichtlich schon beim Mitgliederentscheid festgelegt und ihr Votum abgegeben. Das zumindest sei für viele Mitglieder der Grund, warum sie zu einer Informationsveranstaltung des Ortsverbandes Heißen mit ihrem Bundestagsabgeordneten Arno Klare nicht gekommen waren, wie Ortsvereinsvorsitzender Daniel Mühlenfeld erklärt. So traf sich lediglich ein knappes Dutzend, dessen Altersdurchschnitt erkennbar hoch war. Die besten Argumente sind immer finanzielle.
Deshalb ging Klare der Frage nach: Was bringt uns die Große Koalition, in diesem Fall eben der Stadt, und klopfte die wesentliche Eckpunkte des Koalitionsvertrages darauf ab. Der Mindestlohn, die sozialdemokratische „Gretchenfrage“, die auch an diesem Abend für alle Beteiligten als Kernpunkt dargestellt wurde, stellte er an den Anfang. Nach Angaben des Sozialamtes seien es knapp 14 000 Personen, die entweder ihren Lohn aufstocken müssen oder als geringfügig beschäftigte tätig wären. Ein Mindestlohn verbessere nicht nur die Lage dieser Menschen und ihrer Familien, sondern bringe der Stadt auch nach seinen Berechnungen einen Kaufkraftzuwachs von 15 Millionen.
Ausnahmen und Einschränkungen
Aber ob das so kommt, wie es sich Klare erhofft, ist durchaus umstritten. Auf die Ausnahmen und Einschränkungen, die im Koalitionsvertrag vorgesehen sind, ging er nicht ein. Die Wissenschaft beurteilt die Konsequenzen des Mindestlohnes, laut FAZ in bislang rund 100 Gutachten, sehr kontrovers. Schwarzarbeit und eine Verlagerung ins Ausland könnten mögliche Konsequenzen sein. Die Bundesanstalt für Arbeit etwa geht davon aus, dass der Mindestlohn die Anzahl der bundesweit 1,3 Millionen Aufstocker um ein Drittel reduzieren könnte.
Auch die Stadt würde profitieren, denn die Gelder, die die Stadt an Kosten für Unterkunft aufbringen muss, würden nach der Berechnung von Klare um 4 Millionen Euro zurückgehen und „direkt kassenwirksam werden“. Außerdem würden Eingliederungshilfen in Höhe von 6 bis 8 Millionen Euro wegfallen.
15 Millionen bleiben für Mülheim
Infrastrukturprojekte wolle der Bund mit 5 Milliarden Euro unterstützen. Nach dem so genannten Königsteiner Schlüssel, nach dem die Mittel verteilt werden, blieben für Mülheim auf vier Jahre verteilt rund 15 Millionen Euro – etwa so viel, wie die Sanierung der Thyssenbrücke insgesamt kostet. Für den Bereich Bildung gebe es eine Summe in vergleichbarer Höhe. Außerdem gibt es noch Städtebaufördermittel, deren Gesamtvolumen sich versiebenfachen werde und die projektbezogen vergeben werden. „Der Topf ist größer geworden.
Da können wir hoffen, dass wir mit unserem integrierten Innenstadtkonzept zum Zug kommen“, sagte Fraktionsgeschäftsführer Claus Schindler. Ein wichtiger Punkt ist auch die Reform des Gemeindefinanzierungsgesetzes. Vieles seien nicht die Ideen der CDU und der Kronzeuge für die immer wieder beschworene sozialdemokratische Handschrift ist CDU-Mann Wolfgang Bosbach, der kürzlich bei der Mittelstandsvereinigung den Koalitionsvertrag kritisiert hatte.
"GroKo schadet der SPD nicht"
Klare kam noch auf ein Standardargument der Kritiker zu sprechen, wonach die Große Koalition der SPD schade, wie man 2009 erlebt habe. „Das haben wir uns selbst zuzuschreiben, das waren hausgemachte Probleme. In den vier Jahren haben wir vier Bundesvorsitzende gewechselt -- einen, Kurt Beck, öffentlich massakriert.“
Zur Zustimmung gebe es keine Alternative. „Was wäre sonst? Wer würde denn dafür seinen Kopf hinhalten müssen?“, fragt ein Mitglied.