Mülheim.

Unter den Genossen an der SPD-Basis hebt sich die Stimmung, die Lust auf eine Regierungsbeteiligung in Berlin wächst zumindest. „Wir müssen immer noch bedenken, dass die SPD die Wahl klar verloren hat. Unter den Bedingungen hat sie eine Menge herausgeholt“, sagt etwa Henrike Greven. Sie hat den fertigen Koalitionsvertrag vor sich liegen und betont nach der ersten Durchsicht: „Ich bin positiv gestimmt.“

Die Gewerkschafterin ist nicht die einzige, die sich gestern an der Basis so zuversichtlich äußerte und die Handschrift der Sozialdemokraten im Papier für eine große Koalition deutlich erkennen kann. Der Unterbezirksvorsitzende Lothar Fink tut es ähnlich: „Als Opposition könnten wir längst nicht so viel erreichen“, betont er und signalisiert: „Wenn jemand jetzt dem Papier nicht zustimmen kann, dann weiß ich nicht, was man sich noch vorgestellt hat.“ Mindestlohn, deutliche Verbesserungen bei der Leiharbeit, Verbesserungen bei den Renten, mehr Geld für Bildung, Mietpreisbremse – für Fink gibt es reihenweise gute Ergebnisse für die Sozialdemokraten, wonach es lange Zeit aus seiner Sicht nicht ausgesehen habe.

30 Prozent der Ziele mit 25 Prozent der Stimmen

Das sagt der große alte Mann der Mülheimer SPD

Hans Meinolf: Man kann natürlich immer noch mehr erwarten. Aber ich sehe viele wichtige Punkte für die Arbeitnehmerschaft erfüllt. Es freut mich, dass der Mindestlohn kommt. Dafür haben wir lange gekämpft. Ich halte die Verbesserungen bei der Rente für einen großen Gewinn. Davon profitieren viele Menschen. Und es gibt große Fortschritte bei der Leiharbeit für die betroffenen Arbeitnehmer.“

Unterm Strich kommt Meinolf, der dem Vertrag zustimmt, zu dem Ergebnis: „Das ist ein ordentliches Stück Papier.“

Eine aufkommende Zufriedenheit nach den wochenlangen Verhandlungen in Berlin spüren auch jene, die sich noch nicht entschieden haben. In der ersten Dezemberhälfte können alle SPD-Mitglieder über den Koalitionsvertrag abstimmen. Zu denen, die sich die fast 200 Seiten noch einmal genau anschauen werden, gehört Claus Schindler vom Ortsverein Heißen: „Es gibt nach dem vorliegenden Ergebnis jedoch nichts, wo ich spontan sagen würde: Das geht nicht!“ Wichtig sei für ihn, wie sehr letztlich die Kommunen bei einer großen Koalition profitieren werden, wie sehr die Infrastruktur gefördert, verbessert und wie stark die Hilfe etwa für die Eingliederung Behinderter ausfallen werde. Aber auch er sagt bereits: „Ich sehe, dass sich das Leben der Menschen an vielen Stellen verbessern könnte.“

Mancher Ortsverein, dazu gehört Heißen, will zum Koalitionsvertrag noch eine öffentliche Mitgliederversammlung durchführen. Dass es in den nächsten Tagen nur positive Stimmen geben wird, glaubt Dieter Spliethoff vom Ortsverein Dümpten nicht. „Es gibt nach wie vor noch eine Menge Unwille in der SPD“, sagt er und führt dies auf die schlechten Erfahrungen mit der letzten großen Koalition zurück. Dennoch wird er seinem Vorstand Zustimmung empfehlen: „Ich habe immer gesagt, wenn wir mit 25 Prozent an Wählerstimmen 30 Prozent unserer Ziele umsetzen, können wir zufrieden sein.“ Und so viel sei derzeit allemal drin.