Mülheim.

Mit kleinen, gemessenen Schritten betritt Takashi Ueno die Bühne und gießt sich Wasser aus einer Holzkelle über den Arm. Wenig später geht Raimund Hoghe ihm mit den gleichen kleinen Schritten entgegen, hält den Schirm über ihn und das Wasserplätschern hört auf. Ein Moment der Ruhe und Eintracht. Doch an diesem Tanzabend im Ringlokschuppen wird es noch viele Begegnungen, scheinbare Nähe und Scheitern geben.

„Pas de Deux“ hat der Tänzer und Choreograf Hoghe sein Zweipersonenstück mit Ueno genannt und sich damit zumindest verbal auf das Klassische Ballett bezogen, in dem der „Pas de Deux“ als formvollendete Begegnung zweier Tänzer einen Höhepunkt bildet.

Wenig mit klassischem Ballett zu tun

Doch Hoghes Performance hat wenig mit Klassischem Ballett zu tun. Es ist ein Abend, der mit ­minimalistischen Mitteln gestaltet wird: kleine, ernste oder beinahe feierliche Bewegungen, Drehungen der Hände und eine präzise, aber unaufgeregte Lichtregie. Der Soundtrack des Abends ist eine Mischung aus Opernarie, George Gershwin, Audrey Hepburns „Moon River“. Mönchsgesang und Geräuschen.

Vor diesem Hintergrund gehen Hoghe und Ueno auf die Suche nach Begegnung und Übereinstimmung, erforschen ihren ganz persönlichen „Pas de Deux“. Doch dabei haben sie ganz offensichtliche Unterschiede in Alter, Beweglichkeit oder kulturellem Hintergrund zu überwinden. Zwar tragen sie die gleiche schwarze Kleidung und die gleichen japanischen Holzsandalen, doch Hoghe ist gut 60, Deutscher, klein, mit verkrümmter Wirbelsäule und Buckel. Sein japanischer Partner etwa halb so alt, hochgewachsen, ein eleganter Tänzer.

Manchmal scheint die Annäherung der beiden tatsächlich zu gelingen. Da hält Ueno seine offene Hand dem Partner entgegen und Hoghe legt mit einer leichten Bewegung seinen Kopf hinein. Ein Moment voller Vertrauen, Nähe und Trost! Doch die Harmonie ist nicht von Dauer, die Distanz zwischen beiden wächst und der Augenblick lässt sich nicht wiederholen. Dann wieder tanzt und dreht sich Ueno ausgelassen wie verliebt um Hoghe herum, der ihn zunächst mit sichtbarer Freude antreibt. Dann kippt das Ganze, wird fast zu Dressur, aus der sich Hoghe gelangweilt zurückzieht.

Tänzerische Höhepunkt eines Abends

Nur einmal in den zwei Stunden scheint die Verschmelzung zu gelingen. Ueno hebt seinen Partner hoch und Hoghe bewegt seine Beine weiter. Plötzlich scheint er zu schweben oder auf Wolken zu gehen. Dies ist der tänzerische und emotionale Höhepunkt eines Abends.

Am Ende knien sich beide mit ein paar Metern Abstand gegenüber und schieben sich bei langsam verlöschendem Licht zusammengefaltete Obis zu. Keine große Vereinigung, aber eine respektvolle Begegnung auf Augenhöhe.

Hoghe und Ueno ist ein Abend gelungen, der wenig spektakuläre Momente bot, der aber zum genauen Blick aus das Detail und zu einer fast meditativen Betrachtung anregte.