Mülheim.

Bunter geht’s nicht – „und spannender auch nicht“, findet Gisa Gernheim, die Leiterin des Familienzentrums „Fantadu“ an der Uhlandstraße. Über 90 Prozent der 98 Kinder, die sie und ihre Mitarbeiterinnen fit fürs Schul(leben) machen, haben einen Migrationshintergrund. Ihre Familien stammen aus 14 verschiedenen Ländern, oft aus fremden Kulturkreisen, und gehören den unterschiedlichsten Religionsgruppen an. „Dass es so viele Nationalitäten sind, ist eigentlich ein Vorteil. Wenn die Kinder sich untereinander verstehen wollen, müssen sie sich einfach auf Deutsch einigen – und das tun sie auch“, so die Kita-Leiterin schmunzelnd.

Interkulturelle Kompetenz haben sie und ihr Team sich reichlich angeeignet, weil sie tagtäglich bei der Arbeit gefordert ist. „Es ist uns wichtig, mit den Eltern immer im Gespräch zu sein und die Lebensumstände der Familien zu erfassen. Jede hat ihren eigenen Migrationshintergrund. Unser Ziel ist es, diesen zu verstehen, anzunehmen und in unserer Arbeit zu berücksichtigen“, heißt es im Kita-Konzept. „Beispielhaft“, findet der Integrationsrat der Stadt Mülheim diese Einstellung und verleiht Gisa Gernheim daher am 2. Oktober den „Förderpreis für ein gedeihliches Miteinander und gegenseitige Integration“.

Als die 62-Jährige vor knapp 20 Jahren von einem kirchlichen Kindergarten in Holthausen nach Eppinghofen kam, um das „Fantadu“ aufzubauen, hatte sie „einen Riesenrespekt“ vor der neuen Aufgabe. Vor allem wegen der Sprachbarrieren --zu den Kindern und zu den Eltern. „Aber man hat sich angenähert, miteinander gelernt und oft herzhaft gelacht, wenn man sich nur noch mit Händen und Füßen unterhalten konnte“, sagt sie.

Die meisten Eltern wollen ihren Kindern die besten Chancen bieten

Mit Neugier, Humor und Toleranz erreiche man viel. „Man darf sich nicht bierernst darüber aufregen, dass andere etwas anders sehen oder machen.“ Ein Beispiel? „Wenn in einer türkischen Familie die Oma krank ist, dann müssen die Enkel sie erstmal verhätscheln, bevor sie in den Kindergarten gehen. Das passt mit der deutschen Pünktlichkeit nicht überein, ist aber doch sehr sympathisch und akzeptabel.“

Veränderungen sind auch in der Kita im Dichterviertel nicht ausgeblieben. „Früher waren die meisten unserer Kinder türkischer Herkunft, der Anteil der arabischen und afrikanischen Mädchen und Jungen hat aber stark zugenommen“, gibt Gernheim ein Beispiel. Deshalb hat man in letzter Zeit auch spezielle Nachmittage für arabische Mütter angeboten, um im lockeren Gespräch etwas über ihre Länder und Kulturen, Lebensvorstellungen und Bildungsziele zu erfahren.

Anders als früher auch: „Die meisten Migrantenfamilien schicken ihre Kinder jetzt für drei Jahre in den Kindergarten. Sie wollen, dass die Kleinen gut ausgebildet werden, lassen sie mehr los und bemühen sich, mitzuarbeiten.“ Geändert habe sich zudem die Art und Weise der Eltern, mit dem Nachwuchs spielen. „Da werden Bücher vorgelesen, Gesellschaftsspiele gemeinsam gespielt“, weiß Gernheim. Sie ist sicher: „Viele unserer Kinder haben jetzt gute Zukunftschancen.“

„Eng denkende Familien mit strengen religiösen Vorstellungen werden weniger“, hat die Erzieherin festgestellt. Was auch daran liegt, dass sie und ihre Mitstreiterinnen unermüdlich die Kommunikation fördern – durch ein tägliches Elterncafé etwa. Oder durch monatliche Themencafés, ein gemeinsames Elterncafé mit der OGS der Grundschule, Elternsprechstunden, Bildungs- und Bewegungsangebote für Kinder und Mütter, Frauenabende, Bastelnachmittage, das tägliche Tee-Päuschen für Omas vor der Kita und viele Feste, bei denen es natürlich „total international“ zugeht. „Integration ist gegenseitiges Kennenlernen“, meint Gisa Gernheim.