Mülheim. NRZ-SERIE „Gott und die Welt“: Sebastian Cmentowski hat gerade Abitur gemacht und ist ein Informatik-Spezialist. Er hat eine Handy-Anwendung für Studenten entwickelt - im Team.
Am wichtigsten ist der Austausch im Team. Kein ungewöhnlicher Satz - ja fast schon eine Phrase, wie man sie in jedem gewöhnlichen Managementtraining oder Motivationsseminar hören könnte. Aber aus dem Mund von Sebastian Cmentowski klingt er doch ungewöhnlich. Denn der 19-jährige Abiturient des Gymnasiums Broich ist ein Informatik-Spezialist. Und da gibt es eben Vorurteile. Computer-Freaks sitzen die ganze Zeit vor ihrem Bildschirm, zocken Spiele und leben eigentlich mehr in deren 3D-Welt als in der Realität. Besonderen Wert auf soziale Kontakte legen sie schon gleich gar nicht. Doch das sind eben Vorurteile.
Aber vielleicht hängt es gerade mit diesen falschen Vorstellungen zusammen, warum am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam die Idee aufgekommen ist, begabte Jung-Informatiker zusammenzuführen und ihnen Perspektiven aufzuzeigen, die jenseits des Klischees liegen.
Camp für begabte Schüler
Das Institut, das von dem SAP-Gründer und Informatik-Pionier Hasso Plattner gestiftet worden ist und an dem sowohl studiert wie geforscht wird, führt deswegen regelmäßig ein Camp für begabte Schüler durch. Einer von den 40 Teilnehmern in diesem Sommer war Sebastian Cmentowski. Er hat schon Erfahrungen mit solchen Workshops, fünf ähnliche Camps hat er bereits besucht. Ich mag das Gemeinschaftsgefühl, das sich dort entwickelt, sagt er. Die Arbeit im Team beflügelt die Kreativität. Besonders gerne arbeite ich in gemischten Gruppen. Frauen gehen doch irgendwie anders an die Probleme ran. Immerhin vier der 40 Camp-Teilnehmer waren tatsächlich weiblich.
Am Computer haben wir die geringste Zeit verbracht, berichtet Cmentowski. Nur zum Programmieren. Nur? Das ist letztlich etwas Handwerkliches, das beherrschen wir. Entscheidend ist die Idee am Anfang. Informatiker beschäftigen sich in erster Linie mit neuen Ideen. Und in dem Camp habe ich gelernt: Eine Idee kann gar nicht verrückt genug sein .
Anwendungen fürs Handy, die für junge Menschen attraktiv sind, sollten die Schüler in fünf Tagen entwickeln. So eine Anwendung muss Service bieten. Sie muss auf das Profil des Nutzers abgestimmt sein.
Für Stundenplan-App entschieden
Anfang 20, weiblich, Studentin. So sah die Nutzerin aus, für die Cmentowski mit seinem Kollegen eine Handy-App entwickeln sollte. Und in der Tat, ein Foto bekamen sie auch dazu - die Vorstellung, für welchen Typ Frau sie hier ein Service-Angebot kreieren, sollte so konkret wie möglich sein. Wir haben lange diskutiert, was attraktiv sein könnte. Eine Idee war ein Programm, mit dem man das aktuelle Kinoprogramm abrufen kann. Ein anderer Vorschlag drehte sich um eine Hilfe beim Einkaufen. Wir haben uns dann aber für eine Stundenplan-App entschieden.
Eine Art Terminkalender zur Organisation der Uni-Veranstaltungen. Nachdem die Idee stand, ging es darum zu testen, wie man sie nutzerfreundliche gestaltet. Auch dafür saßen die Nachwuchs-ITler nicht vor Bildschirmen. Ihr Arbeitsmaterial waren kleine Pappkarten. Auf die hatten sie jeweils gemalt, was auch die Nutzerin zu sehen bekommt. Mit diesen Karten unterm Arm suchten sie sich dann ein „Versuchskaninchen“, eine echte Studentin.
Mit diesen Karten-Bildern hat Sebastian dann überprüft, wie die junge Frau darauf reagiert, was sie auf dem Bildschirm sieht. Eine ganz wichtige Phase in der Entwicklung“, weiß der 19-Jährige jetzt. Denn er und seine Kollegen stellten fest, dass man im Eifer des Gefechts Entscheidendes vergessen kann: Sie konnte in dem elektronischen Kalender keine neuen Termine hinzuzufügen. Das haben wir natürlich sofort geändert.“ Aber die wichtigste Erfahrung war für Sebastian die Teamarbeit. Und die beschränkte sich eben nicht nur auf die App-Entwicklung. Wir haben auch zusammen Karten gespielt und sind abends weggegangen. Da haben sich Freundschaften entwickelt. Ein neues Netzwerk, nur diesmal ganz anlog.