Mülheim-Selbeck/Breitscheid.
Die Knospe lässt oft noch gar nicht erahnen, welch’ wunderschöne Blüte in ihr steckt. So ist es bei Cherry, der cremeweißen Rose mit dem roten Rand. Oder bei Cindy, ihrer gelben Schwester, die fabelhaft aussieht und auch noch lieblich duftet. Gärtnermeister Kai-Uwe Hesselmann weiß, wie man dornige Schönheiten behandeln muss. Er baut seit den neunziger Jahren Freilandrosen an, auf einem Hektar Land. In einer Baumschule, die er von seinem Vater Friedhelm übernommen hat. Ein Familienbetrieb in der dritten Generation, dessen Anbauflächen diesseits und jenseits der Stadtgrenze liegen - in Selbeck und Breitscheid.
Das Wetter spielt derzeit mit. „22 bis 27 Grad tagsüber und eine kühle Nacht sind ideal für das Rosenwachstum“, sagt Hesselmann. Allerdings: Zu intensiv darf die Sonne nicht scheinen. „Dann bleicht sie die Farbe der Blütenblätter weg.“
Schlimmer noch: Bei großer Wärme blühen zeitgleich viel zu viele Blumen auf - schneller, als sie geerntet und verkauft werden können.
Das Wetter ist ein Lotteriespiel
Mit dem Witterungsrisiko kämpft der Rosenanbauer immer. „Das ist ein Lotteriespiel. In den letzten Jahren haben wir Pech gehabt, mehrmals gab es im Frühjahr noch Frost, viele Bestände sind erfroren. Aber auch zu viel Feuchtigkeit schadet den Pflanzen, die Blütenblätter bekommen Regenflecken. Die Rosen sind anfälliger für Pilzinfektionen“, so der Gärtnermeister. In diesem Sommer sei es jedoch eher zu trocken für seine edlen Zierpflanzen.
Die Ernte läuft seit Anfang Juni. Täglich. Morgens gegen 7 Uhr starten Kai-Uwe Hesselmann und seine Mitarbeiter, wandern an den schnurgeraden Rosenstrauchreihen entlang (insgesamt sind es rund fünf Kilometer Strecke) und schneiden die reifen Blumen ab. „Die Pflanze muss einen ganz bestimmten Reifegrad haben, sonst geht die Knospe in der Vase nicht auf. Ist sie allerdings schon zu offen, kauft der Kunde sie nicht mehr, weil er denkt, dass sie sich nicht mehr so lange hält“, erläutert der Fachmann.
Einige Kunden kommen sogar aus Essen
98 Prozent seiner Schnittrosen gehen vor Ort, auf dem schönen alten Bauernhof am Baumschulenweg, an Endverbraucher weg. Etwa die Hälfte der Kunden stammt aus Mülheim, einige kommen sogar aus Essen her. Der Schnitt- und Gartenrosenverkauf ist nur ein Standbein der Hesselmanns, sie setzen ansonsten auch auf Bäume, Sträucher und Stauden für den Privatgarten (auf weiteren elf Hektar Land).
Die Aufzucht der Freilandrosen ist arbeitsintensiv und körperlich nicht leicht, weil viele Arbeitsgänge in tief gebückter Haltung erfolgen. Alles beginnt mit dem Anpflanzen der Wildlinge im Frühjahr. Diese werden im Sommer durch Augenveredlung veredelt: Von einem Stiel wird ein Auge abgetrennt und per Klebestreifen kurz über der Wurzel eines anderen Stockes befestigt, um dort anzuwachsen und auszutreiben. „Im kommenden Spätwinter wird die Wildkrone abgeschnitten und das Edelauge kann im Frühjahr austreiben. Dieser Trieb muss regelmäßig eingekürzt und von Wildtrieben befreit werden, damit sich ein gut verzweigter Strauch entwickelt“, erklärt Hesselmann. In den zwei Jahren bis zur ersten Ernte ist jeder Strauch rund zehn Mal „angefasst“ worden. Während der Ernte wird er täglich bearbeitet.
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Ein Schnittrosenstock kann in der Regel zehn Jahre lang genutzt werden, jeder Stiel hat maximal drei Blütenphasen pro Saison. Momentan hat die Goldene Monika Hochsaison. Sie zählt, wie auch einige andere Exemplare, zu den von Rosenzüchtern kreierten neuen Sorten, für die Anbaubetriebe eine Lizenzgebühr zahlen müssen.
30 Freilandrosensorten baut Kai-Uwe Hesselmann an, auf „umweltschonende Art“ (wassersparende Tropfbewässerung, langsam fließende Dünger, Pflanzenschutz mit abdriftverminderter Sprühtechnik). An etwa 30 000 Sträuchern reift die „Königin der Blumen“ bei ihm heran. Seine Lieblingsrose: die Queen of hearts - eine elegante cremeweiße Duftrose mit rosafarbenem Rand - und vielen vielen Blütenblättern.