Mülheim.
Iris Berben war ebenso zu Gast wie Hannelore Hoger und Andrea Sawatzki. Prominente Namen und Gesichter holen die beiden Buchhändlerinnen nach Saarn, wo sie zu einer festen Adresse für Kultur geworden sind. Heute, vor 20 Jahren, eröffneten die beiden Frauen die Buchhandlung Hilberath & Lange an der Düsseldorfer Straße.
Damals war die literarische Lücke bekannt. Ursula Hilberath und Brigitta Lange hörten es Anfang der 1990er aus verschiedenen Ecken: In Saarn fehlt eine Buchhandlung. Das ist eine Chance, sagten einige Ratgeber. Andere warnten: Lasst es, das gibt nichts. Doch die beiden Frauen verließen sich weder auf mahnende noch auf ermutigende Stimmen, sondern nur auf ihr positives Bauchgefühl – und damit sollten sie recht behalten.
Standort - keine spontane Wahl
Doch natürlich war die Standortwahl keine spontane Entscheidung, sondern eine „sehr fundiert“ getroffene, wie Ursula Hilberath betont. Bereits während ihres Studiums jobbten sie umgeben von Literatur – in Bibliothek, Buchhandlung, Archiv – und entschieden sich anschließend, sich gemeinsam selbstständig zu machen. „Wir haben in Köln und Bonn gelebt und gearbeitet, aber da gab es schon viele Buchhandlungen“, erinnert sich Ursula Hilberath, die im Ruhrgebiet aufwuchs und sich deshalb dorthin orientierte.
Schließlich entschied man sich für Saarn, das literarische Niemandsland, und machte gleich im ganzen Dorf von sich reden. Plakativ dekorierten sie ihr Schaufenster: „Das hat Saarn gerade noch gefehlt!“ Dieser „freche Spruch“, wie Ursula Hilberath sagt, machte die Saarner neugierig: „Wir haben Kontakt gesucht und die anderen Geschäftsleute eingeladen.“ 1993 war das, an der Düsseldorfer Straße 115.
Neue Formen für alte Inhalte
Heute ist die Buchhandlung auf größerer Fläche im Nebenhaus zu finden. Seitdem hat sich der Buchmarkt sehr verändert. „1995/96 gab es die ersten Hörbücher auf Kassette“, erinnert sich Lange. Heute, im Zeitalter von E-Book und Audiofile, wirkt das fast steinzeitlich – ebenso wie die Ablehnung dieser neuen Medien, die die beiden Buchhändlerinnen aber nie teilten. „Alle reden immer das Buch tot“, sagt Brigitta Lange und ist überzeugt: Die literarischen Inhalte bleiben – nur eben in neuer Form. Vielmehr versuchten die beiden stets selbst „technisch auf dem neuesten Stand zu bleiben“. Seit 2001 sind sie, auch bekannt als „Hilla“, online. Jedoch könnten sie in ihrem Dorf-Geschäft etwas bieten, was es im Internet nicht gibt: persönliche Beratung. „Wir kennen die Geschichten, wir wissen, wovon wir sprechen und haben ein Gefühl dafür, was die Kunden mögen.“ Das sei etwas anderes, als eine aus Computercodes generierte Empfehlung à la „Kunden kauften auch“. . . Und das hat sich in 20 Jahren nicht verändert.
Bücherfrühling und Herbstprogramm
Der Erfolg, der nach der Eröffnung 1993 einsetzte, das geben Ursula Hilberath und Brigitta Lange zu, hat sie überrascht – und zunächst überrollt. Die von Beginn an geplante Veranstaltung rund um Literatur mussten erst einmal warten. Im Herbst 1994 feierte schließlich der Saarner Bücherfrühling Premiere. Von Anfang an waren Partner dabei: die Saarner Begegnungsstätte, Klosterbücherei, Edition Werry. Inzwischen machen Kindergärten und Grundschulen mit. So ist aus einer zehntägigen Reihe ein ganzer Veranstaltungsmonat geworden. „Es ist gewachsen“, sagt Ursula Hilberath, „auch Dank der unglaublichen Bereitschaft des Publikums, sich auf Dinge einzulassen.“ Ein Herbstprogramm ist dazu gekommen. Allerdings, fügt Brigitta Lange hinzu, müsse man bereit sein, Geld in die Hand zu nehmen. „Jahrelang waren unsere Lesungen ein Alleinstellungsmerkmal“, sagt Ursula Hilberath, „aber seit fünf Jahren gibt es auch in Mülheim ganz viel.“ Und das meinen sie absolut nicht negativ.