Mülheim-Holthausen. .

Bei Heike Wageners ungewöhnlichem Kiosk am Leinpfad nahe der Flora-Brücke kann man nicht mal eben mit dem Auto vorfahren, um eine Tüte Chips zu kaufen. Hier sollte man mindestens ein Kanu besitzen, wenn man standesgemäß bzw. nicht zu Fuß anreisen möchte. Aber, obwohl Radfahren natürlich streng genommen am Leinpfad untersagt ist, halten auch Radler gerne, um eines der beliebten Brühwürstchen zu verspeisen.

„Im Sommer zur Abendzeit ist richtig viel los“

So ungewöhnlich wie die Lage sind auch die Öffnungszeiten. Zum einen öffnet Heike Wagener ihre mit Ruhrsandstein verkleidete Bude nur bei gutem Wetter, vorwiegend aber im Frühjahr und Sommer – und „nie vor 11 Uhr, denn das lohnt sich nicht“. Dann aber sieht man schon von weitem am Eis-Aufsteller, ob die mit Graffitis des Mülheimer Szene-Künstlers Dennis Broszat verzierten Jalousien hochgezogen sind.

„Seit ein paar Jahren ist im Sommer zur Abendzeit immer richtig viel los, da kann es auch schon mal Mitternacht werden, bis sich die letzten Gäste verabschieden“, berichtet die Mülheimerin. Da machen es sich zum großen Teil Stammkunden auf der Leinpfadkante gemütlich und lassen die Beine baumeln. Eine sehr nette Gruppe habe sich gebildet, die das eine oder andere Bierchen ganz in Ruhe tränken und sich unterhielten. Ihre Mutter hat die Bude 1972 übernommen. „Damals gab es noch keinen Kühlschrank, sondern die Mülheimer Limonade Flöckchen wurde in Betonbecken gekühlt, durch die Ruhrwasser floss.“

In der Bauzeit um 1903 entstanden

Leider habe sie keine historisches Dokumente, obwohl der Kiosk sicherlich in der Bauzeit des Hauses Dohne 70, also um 1903, entstanden sein müsse. Heute wie zu Zeiten ihrer Mutter sei der Kiosk ein richtiger Familienbetrieb. „Es helfen alle: Ehemann, meine Tochter, ihr Freund, Neffen und Nichten – je nachdem, wer gerade so da ist“, so die 57-Jährige. Eigentlich gibt es bei ihr alles zu kaufen, was ein normaler Kiosk zu bieten hat, aber Zigaretten gebe es schon lange nicht mehr. Und seitdem werde auch nicht mehr eingebrochen.

Das habe sich eine Zeit lang gehäuft. „Geld wird auch nie im Kiosk aufbewahrt“, fügt sie sicherheitshalber schnell hinzu. Besonders beliebt seien die Bonbons aus den großen Bonbongläsern. Da gibt es Knöterich- und Veilchenpastillen, harte Himbeeren und weiche Erdbeeren, Brausebonbons, Lakritz-Stafetten und Salmiak-Kugeln. „Und wenn die Jugendlichen einen Filme-Abend machen wollen, kaufen sie eine gemischte Tüte für zwei Euro und wundern sich, wie voll die Tüte wird“, lacht die Kioskbesitzerin, die neben Kaffee auch andere Getränke im Sortiment hat – und ein Glühwein sei auch immer vorrätig.