Mülheim. Aufgrund der Unruhen in Syrien und Ägypten hat sich Deutschland bereit erklärt, 5000 weitere Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien aufzunehmen - 50 dieser Flüchtlinge sollen in Mülheim unterkommen. Die Stadt bereitet vier Wohnheime vor, die um die 140 bis 240 Menschen aufnehmen können.
Syrien, Ägypten und immer wieder kommen neue Krisengebiete hinzu. Menschen flüchten vor der Gewalt in ihrem Heimatland. Experten rechnen mit einer neuen Flüchtlingswelle. Bereits im März erklärte sich Deutschland bereit, 5000 Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien aufzunehmen.
Etwa 50 dieser Flüchtlinge – also ein Prozent – werden in den nächsten Monaten in Mülheim unterkommen. Während in einigen Städten vermehrt ehemalige Schulen umfunktioniert oder Containerparks errichtet werden, setzt man in anderen – darunter auch in Mülheim – auf Wohnheime oder einzelne Wohnungen.
In Mülheim gibt es vier dieser Wohnheime. Sie liegen in Styrum an der Hofstraße, in Eppinghofen an der Vereinstraße und in Speldorf an der Eltener Straße. An der Styrumer Augustastraße wurden kurzerhand Notwohnungen belegt. In den Heimen gibt es, je nach Größe, Platzkapazitäten für 35 bis 60 Menschen.
Konfliktbehaftete Situationen werden vermieden
Die restlichen Flüchtlinge kommen in Wohnungen unter. Standorte der einzelnen Wohnungen werden bewusst nicht genannt. „Ich glaube das wäre ungünstig“, so Klaus Konietzka, Leiter des Sozialamtes. Auf die erwarteten Flüchtlinge bereitet sich die Stadt allerdings schon länger vor. „Wir suchen Wohnraum im ganzen Stadtgebiet. Von den großen Wohnungsbaugesellschaften bekommen wir sehr umfangreiche Kontingente“, teilt der Leiter des Sozialamtes mit. Die angemieteten Wohnungen werden mit dem Lebensnotwendigsten ausgestattet: Schlafgelegenheiten, einer Toilette und einer Küche. Von der Unterbringung der Flüchtlinge in einem bürgerlichen Umfeld erhofft man sich ein größeres Maß an sozialer Integration.
Von einer Situation mit einem „Problemhaus“ wie in Duisburg, sei Mülheim allerdings weit entfernt. „Bei uns steckt ein Konzept dahinter, wir haben den Überblick. So etwas wird in Mülheim nicht passieren“, beruhigt Klaus Konietzka. Das läge auch daran, dass die Unterbringung der Flüchtlinge in Mülheim sehr gut geplant sei. Konfliktbehaftete Konstellationen – zum Beispiel mit verfeindeten Völkergruppen – werden in den Wohnheimen ebenfalls wissentlich vermieden.
„Übergriffe auf Flüchtlinge gibt es glücklicherweise sehr wenige in Mülheim“, informiert Udo Brost, Leiter der Ausländerbehörde. Dazu trage vor allem auch die gut dosierte Verteilung der Flüchtlingswohnungen auf die ganze Stadt bei. „Die Menschen haben Angst vor allem, was ihnen fremd ist“, erklärt Udo Brost. Die Wohnungen tragen dazu bei, dass Menschen aus verschiedenen Kulturen in Kontakt kommen. Die Flüchtlinge seien so nicht nur unter sich. Es komme zu einem Miteinander, anstatt eines Nebeneinanders. Daraus entstehe ein größeres Maß an Toleranz.
An die Hand genommen
Im neuen Zuhause in Deutschland angekommen, fehlt es vielen Flüchtlingen an der Orientierung. Was muss ich wissen? Wie kann ich Sozialleistungen beantragen? Wer ist für mich zuständig? „Neuzuwanderer müssen sich erst beim Ausländeramt anmelden“, sagt Martina Pattberg, Fachdienstleiterin der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe der Caritas. Nach einer Einführungsberatung wird den Neuankömmlingen dort nahe gelegt, sich bei einem Migrationsberater zu melden. Für alle, die noch nicht das 27. Lebensjahr erreicht haben, ist das Familienamt zuständig. Deren Sozialbüro ist mitten in einem Flüchtlingswohnheim in Eppinghofen, „da bekommen wir alles direkt vor Ort mit“, so Martina Pattberg. Viele Neuankömmlinge aus Krisengebieten seien traumatisiert, einige brauchen psychologische Hilfe.
Die Fachdienstleiterin der Familienhilfe schätzt: „Wir haben jedes Jahr ungefähr 1500 Fälle in der Beratung.“ Zur Schwangerschaftsberatung kommen etwa 400 Frauen im Jahr, über 50 Prozent davon sind Migrantinnen. Bei der Erziehungs- oder Suchtberatung läge der Prozentsatz niedriger. Größtes Problem sei, dass die Beratung nur mit einer halben Stelle besetzt ist. „Das ist zu wenig, gerade jetzt, wo wieder mehr Flüchtlinge zu uns kommen als in den letzten Jahren.“
Ab dem 27. Lebensjahr ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zuständig. „Bei mir gibt es eine Erstorientierung. Die soll helfen, sich in unserer Gesellschaft zurecht zu finden“, erklärt Matthias Langer, Migrationsberater beim Deutschen Roten Kreuz.
Integrationkurs muss absolviert werden
Nach einer Datenerfassung zur Person gibt Langer Tipps und Hilfestellungen für die Bearbeitung von Anträgen, verweist auf zuständige Kollegen und Ämter. Dabei sei es vor allem für sprachunkundige Menschen schwierig, sich durch den deutschen Antragswald zu kämpfen. „Die Anträge für Sozialbezüge sind in einem komplizierten Beamtendeutsch formuliert. Es fällt sogar mir manchmal schwer durchzublicken“, gibt er zu.
Aber auch auf dem Arbeitsmarkt sei es dringend notwendig, Deutsch zu können. Integrationskurse müssen absolviert werden. Ein solcher Kurs besteht aus 600 Stunden Sprach- und 60 Stunden Orientierungsunterricht. Letzterer soll einen Einblick in das politische System, die Geschichte und die sozialen Gegebenheiten Deutschlands bieten. Zuletzt gilt es, die abschließende B1-Prüfung zu bestehen.
Zu Langer kommen viele Menschen aus Zentralafrika. „EU-Bürger habe ich extrem selten in meinem Büro“. Auch von den Einwanderern aus relativ jungen EU-Staaten wie Bulgarien und Rumänien seien wenige zur Beratung gewesen.