Mülheim an der Ruhr. .
Vor vier Tagen hatte es noch einen klitzekleinen Hoffnungsschimmer gegeben – gestern aber kam das Aus für den Praktiker-Baumarkt an der Schultenhofstraße. Kurzzeitig hatten Belegschaft und Kunden darauf gehofft, der Betrieb werde schon irgendwie weitergehen, denn der vorläufige Insolvenzverwalter, Christopher Seagon, hatte mitteilen lassen: Es darf wieder Ware bestellt und ausgeliefert werden. Am Freitagmittag dann kam die Keule: Der Mülheimer Markt ist einer von 51 Märkten, in denen in der kommenden Woche der Ausverkauf beginnt.
„Wir sind alle total traurig und müssen das jetzt erst einmal verdauen“, sagt Filialleiterin Heidemarie Wrobel (53). Keiner könne die Entscheidung kontra Mülheim nachvollziehen. An mangelndem Geschäftserfolg der 1992 eröffneten Filiale jedenfalls könne es nicht liegen: „Wir haben immer schwarze Zahlen geschrieben“, betont Wrobel, „Mülheim war immer gesund.“
Märkte sollen Verluste erwirtschaftet haben
In der Pressemitteilung, die Christopher Seagon gestern herausgab, hatte sich das anders gelesen: „Die Märkte erwirtschaften seit längerem deutliche Verluste und belasten damit die anderen Filialen erheblich“, hieß es über die 51 Praktiker-Standorte sowie die drei ebenfalls betroffenen „extra Bau+Hobby-Märkte“. Bis spätestens 31. Oktober müssten sie „abverkauft“ werden.
Entscheidend für die Auswahl der Märkte seien zwei Kriterien gewesen, erklärte ein Unternehmenssprecher auf Nachfrage dieser Zeitung. „Der Insolvenzverwalter hat sich die Zahlen sehr gut angeguckt. Und wenn diese Zahlen rot waren und es zudem keine Interessenbekundungen von Investoren gab, den Markt unter der Marke Praktiker weiterzuführen, dann musste er sich von dem Verlustbringer trennen.“
Andere Gründe für Schließung
So die offizielle Aussage – aus sicherer Quelle jedoch erfuhr diese Zeitung, dass in Mülheim ein anderes Argument zog: Der Vermieter habe die Immobilie gekündigt.
Heidemarie Wrobel indes hat eine ganz andere Vermutung: „Unser Markt ist zu klein und passt nicht ins Portfolio von Max Bahr.“ Max Bahr? Die Baumarktkette ist doch ebenfalls insolvent. Doch laut Wrobel sollten alle Praktiker-Häuser in ,Max Bahr’-Häuser umbenannt werden, „weil der Name ,Praktiker’ verbrannt ist“. Leider habe der Mülheimer Markt nur 3200 Quadratmeter Fläche – „interessant wird’s erst ab 5000 Quadratmeter“.
Bis vor einem halben Jahr war die Welt im Unternehmen noch in Ordnung, sagt Wrobel, die seit 30 Jahren dabei ist. Jetzt bleibe ihr und den 30 Mitarbeiter, denen vorerst nicht gekündigt werden soll, wieder einmal nur ein Hoffnungsschimmer: „Vielleicht übernimmt uns ein anderer Baumarkt, ein Möbelmarkt, ein. . .“