Mülheim an der Ruhr. .

Dienstag, 12.20 Uhr, auf dem Parkplatz des Praktiker-Baumarktes an der Schultenhofstraße: Es sind 26 Grad, das Leben nimmt seinen gemächlichen Lauf. Maximal 25 Autos parken vor dem Kaufhaus. An der Bratwurstbude nebenan stehen drei Leute und quatschen. Und die Praktiker-Kunden schlendern zum kühlen Innenraum, gucken hier, gucken dort. Ein älterer Mann aber schaut stutzig drein; er bleibt stehen vor einem Klappschild am Eingang des Marktes: „Sehr geehrte Kunden“, steht dort, „aus gegebenem Anlass müssen wir Sie leider darauf hinweisen, dass wir momentan aus insolvenzrechtlichen Gründen keine Ware zurücknehmen. . . dürfen.“

Das Klappschild macht auch dem letzten Nachrichten-resistenten Menschen klar: Die Praktiker-Welt ist aus den Fugen geraten. Von Insolvenz ist seit einigen Wochen die Rede, die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes geht um. Und zwar massiv. Die Verkäuferinnen mögen deshalb auch lieber nichts sagen zu dem Thema, verweisen unisono an die Pressestelle in Hamburg. Dabei lief vor wenigen Minuten eine Meldung im Radio, über die sie sich hätten freuen können, die zumindest etwas Hoffnung machen dürfte: Der Betrieb in den Warenhäusern kann nämlich erst einmal weiterlaufen – es dürfen wieder Waren bestellt und ausgeliefert werden, lautete die frohe Botschaft.

„Wir sind auf einem sehr guten Weg“

Der vorläufige Insolvenzverwalter, Christopher Seagon, habe sich mit Lieferanten, Banken und Warenkreditversicherern auf diesen Deal geeinigt, bestätigt später ein Unternehmenssprecher dieser Zeitung. Grundlage sei ein so genannter Massekredit, heißt es. Und weiter: Zumindest bis Ende September seien die Löhne sicher. Das Schreckgespenst Insolvenz wurde damit noch nicht verjagt, „doch ein positives Signal ist das allemal“, betont der Sprecher. „Wir sind auf einem sehr guten Weg.“ Ob und wann ein Investor bei Praktiker einsteige, dazu will der Sprecher nichts sagen. Und auch über das Schicksal einzelner Baumärkte schweigt er sich aus.

Das Praktiker-Haus in Mülheim wurde eröffnet am 1. Oktober 1992; zurzeit arbeiten dort etwa 30 Mitarbeiter, verrät Jessica Horn, Referentin in besagter Pressestelle in Hamburg. Dass sich der Geschäftsbetrieb stabilisiere, darüber würden sich die Kollegen sehr freuen, erklärt sie noch – „und das hätten Ihnen auch die Mitarbeiter in Mülheim sagen dürfen“.

Auf dem Parkplatz geht das Leben derweil weiter seinen ruhigen Gang. Kunden kommen, Kunden gehen. Mal schleppen sie große Tüten davon, mal stecken sie sich ein kleines Ersatzteil für die Bohrmaschine ein. Aber egal, wen man fragt, sie haben alle eine Meinung: „Es wäre wirklich schade, wenn der Baumarkt verschwinden würde.“

Praktiker Gruppe betreibt 430 Märkte in neun Ländern

Die Praktiker Gruppe, gegründet 1978, hat den Sitz in Hamburg und Kirkel, heißt es im Internet. Sie betreibt, inklusive der 2007 übernommenen Max-Bahr-Kette, 430 Märkte in neun Ländern. In Deutschland ist das Unternehmen an über 300 Orten mit einer Gesamtverkaufsfläche von rund zwei Mio Quadratmetern vertreten, besagt die Homepage. Die Gruppe erzielte im Geschäftsjahr 2012 Umsatzerlöse von rund 3 Milliarden Euro. Sie beschäftigt 20 000 Mitarbeiter, davon über 8000 im Ausland.