Mülheim-Speldorf. .

„Ich hätte nicht gedacht, dass der so kaputt ist“, sagt Gisela Arnhold. Nach fast 70 Jahren sieht sie ihre ehemalige Dienststelle wieder – den Bunker oder das, was davon noch übrig ist, einen Steinwurf entfernt von der Wolfsburg (heute Katholische Akademie) in Speldorf.

„Den Bunker haben unsere Leute noch gesprengt, kurz nachdem wir im April 1945 alle weg mussten. Er war so groß wie ein zweistöckiges Haus, und die Mauern waren so dick, dass wir da drinnen die Bomben, die in der Nähe fielen, gar nicht gehört haben.“ Und nun liegt das Monstrum seit 70 Jahren in Einzelteilen im Speldorfer Wald. Langsam holt sich die Natur alles zurück. Moos wächst auf den Steinen, Efeu umwuchert alte Treppen, die ins Nichts führen.

Als Nachrichtenhelferin ihren Dienst getan

Gisela Arnhold versucht, etwas zu erkennen. Was da so schräg in die Luft ragt, das muss das Dach sein, auf dem sie das Morsealphabet lernten. Hier sind Teile des Funkturms, sie sieht es an den eisernen Sprossen. Und sie erzählt noch einmal, wie sie als junge Funkerin mit 19 Jahren im Bunker auf dem ehemaligen Gefechtsstand „Drossel“ als Nachrichtenhelferin an der Gradnetzkarte ihren Dienst tat. Und den Bombenangriff vom 23. Juni 1943 über Kopfhörer hörte und an die Offiziere weiterleitete.

Nachdem ihr Bericht innerhalb unserer Serie „Zeitzeugen berichten“ erschien, baten Hans-Georg Hötger und Albrecht Warth vom Verein Bunkerwelten Mülheim e.V. die Zeitzeugin zum Originalschauplatz. In Kai Schmidt, den neuen Grundstückseigentümer aus Duisburg, fanden sie einen Mann, der selbst geschichtlich interessiert ist und gern den Zutritt ermöglichte.

Im hohen Alter von bald 89 Jahren stiefelt Gisela Arnhold durch das eingezäunte Gelände und staunt immer wieder über „ihren“ eingestürzten Bunker mit den riesigen Betonbrocken. Auf alten Steinplatten kann man ihn tatsächlich noch umrunden. Verwittert, zerborsten, von Farn und von hohen Bäumen umstellt, bieten die Bunkerreste ein bizarres und unwirkliches Bild. Trotz des heißen Tages und der freundlich durch die Blätter scheinenden Sonne überfällt die kleine Gruppe ein leichtes Frösteln. Der berühmte kalte Hauch der Geschichte scheint hier im Speldorfer Wald tatsächlich zu wehen.

Schutt und Steine

Da, ein großes Loch in der eingestürzten Mauer. „Kann man denn da nicht mal rein?“ fragt Gisela Arnhold. „Ich würde ja gerne mal gucken.“ Aber dann muss sie passen; auf eine Leiter steigt sie nun doch nicht mehr. Sie lässt sich berichten, was man mit Hilfe einer Taschenlampe sehen kann: Nichts, außer Schutt und Steinen.

Was hat sie erwartet? „Dass ich irgendwas erkenne, auch drinnen. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass dieser Koloss wirklich völlig kaputt ist. Nun habe ich es mit eigenen Augen gesehen.“ Und dann möchte sie diesen denkwürdigen Ort, an dem sie vier Jahre ihrer Jugend im Krieg verbracht hat, schnell verlassen.