1936 bin ich, Irmgard Henschel, geborene Schwarz, in Mülheim an der Bergstraße geboren. Am Kriegsanfang mussten wir bei Alarm in den Keller der Stadthalle, aber dann wurde der Bunker am Schloß Broich gebaut. Ich wohnte mit meinen Eltern Wilhelm und Ilse Schwarz gegenüber des Bunker-Eingangs, somit hatten wir es nicht weit. Jede Nacht verbrachten wir dort und fühlten uns sicher vor den Bomben, aber wenn wir rauskamen, brannten irgendwo einige Häuser.
Den Angriff im Juni 1943 habe ich in böser Erinnerung. Der Bombenregen auf den Bunker hörte sich zwar an, als wenn Kinder mit Kegeln spielen, aber als wir den Bunker verließen, haben wir die Ausmaße der Nacht gesehen. Mülheim brannte lichterloh. Auch auf unser Haus fiel eine Brandbombe. Mein Vater stand zufällig am Eingang des Bunkers und hat es gesehen. Er ist dann mit einem Fremdarbeiter rübergelaufen und sie konnten löschen. So ist unser Haus erhalten geblieben.
Die letzten Wochen des Krieges haben wir unter Trümmern gelebt, denn ein Nachbar hat seinen Keller unter seinem abgebrannten Haus wohnbar gemacht. Am Kriegsende haben die Amerikaner in der Bergstraße Halt gemacht und ein Lager vor dem Bunker aufgeschlagen. Da haben wir Kinder das erste Mal dunkelhäutige Soldaten kennen gelernt. Diese waren zu uns Kindern sehr freundlich und versorgten uns mit Schokolade und Kaugummi, was ja für uns was ganz Besonderes war.
Irmgard Henschel
Ich erlebte die Bombennacht in weiter Ferne. Als Horchfunker der 6. Armee in Russland hörte ich auf UKW vom englischen Zeitungssender „Radio London“ im Klartext (Morsezeichen) folgende Nachricht: „In dieser Nacht warfen unsere Flugzeuge erstmals 500-Kilo-Bomben auf die Städte Mülheim-Ruhr und Oberhausen.“ Meine Eltern an der Stadtgrenze, am Poststreitweg, waren zum Glück nicht direkt betroffen. Das erfuhr ich aber erst, es gab noch kein Handy, durch den nächsten Feldpostbrief.
Helmut Schmidt