Mülheim. .

Ferienzeit – Urlaubszeit? Das gilt jedoch nicht für alle – und auch oft nicht für die ganze Schul- oder Semesterferienzeit. So mancher Schüler oder Student muss nebenher jobben, vielleicht weil die Eltern den Urlaubstrip nicht mehr sponsern oder das neue Notebook vom Taschengeld nicht zu finanzieren ist. Ferienjobs sind heute wie damals begehrt, garantieren sie doch ein Stück Unabhängigkeit und die Möglichkeit, sich Träume zu erfüllen.

Welche Ferienjobs gibt es heutzutage, welche sind begehrt? Da kann man an Werbekampagnen als Promoter teilnehmen, Kellnern, Babysitten oder Nachhilfe anbieten, auch Aushilfsjobs in Supermärkten sind beliebt. Aber was waren damals die Traumjobs für die Ferien, wie waren sie bezahlt? Die WAZ hat bekannte Mülheimer nach ihren ersten Begegnungen mit dem Arbeitsleben gefragt.

OB Dagmar Mühlenfeld: Als Schülerin und später als Studentin habe ich regelmäßig Ferienjobs gehabt. Eine besondere Erinnerung habe ich an den Sommer des Jahres 1969. Das war der Sommer, in dem die Umstellung der Kontonummern auf die jetzt auslaufende neunstellige Systematik erfolgte. Wir Aushilfen mussten per Hand die Kontonummern auf den Schecks und Überweisungsträgern vornehmen. Seitdem kenne ich die Kontonummer der Stadtkasse im Schlaf. Von meinem Lohn habe ich mir unter anderem für 69 Mark einen Schaukelstuhl bei Möbel Nohlen am Löhberg gekauft, der mich lange durch mehrere Wohnungen begleitet hat.“

Pfarrer Hans-Joachim Norden: Ich habe als 15-jähriger für 4,50 Mark in der Stunde in einer Gesenkschmiede gearbeitet. Einmal war ich durch Zufall zuständig für die Endkontrolle und den Versand der Gesenke, dann habe ich Lkw abgefertigt und Werksführungen gemacht. Nach dem Abi habe ich als Spinner in einer Textilfabrik gejobbt und bei Krupps gearbeitet. Im Studium bin ich dann Taxi gefahren. Die Jobberei war für mich wichtig und damals ganz normal, denn ich wollte mir Taschengeld verdienen – obwohl es mir in dieser Hinsicht nicht so schlecht ging, denn ich war der einzige Enkel meines Opas, der als ehemaliger Bergmann eine gute Rente hatte.“

Christiane Fern, Agentur für Arbeit: Ich hatte einen sehr interessanten Ferienjob. Sie müssen wissen: Ich bin gebürtige Goslarin und die Stadt lebt von ihren Touristen. Meine Tante hatte dort eine Pension. Als sie in den Urlaub gefahren ist, bin ich mit meiner Mutter und meiner Schwester eingesprungen, da war ich 14 Jahre alt. Ich habe aufgeräumt, Zimmer gesäubert, Frühstück gemacht, Wäsche gewaschen. Wäsche wurde damals mit einer Mangel bearbeitet. Da es meine Tante war, hat es sich für mich gelohnt, aber ich kann mich nicht erinnern, wie viel ich verdient habe. Ich habe mir davon eine sündhaft teure Schlaghosen gekauft. Mein Vater fand sie ätzend.“

Wilhelm Knabe, „Ur-Grüner“: Als ich in dem Alter für einen Ferienjob war, da musste ich zur Wehrmacht. Nach dem Krieg habe ich studiert, aber die Stipendien waren ziemlich mager. Also habe ich die Semesterferien dafür genutzt, um als Waldarbeiter in Forstämtern zu arbeiten, allerdings wurde ich da ebenfalls sehr schlecht bezahlt und das bei einer 48-Stunden-Woche. Um uns zu versorgen, haben wir Kartoffeln und Getreide angebaut. Die Russen haben uns Tipps gegeben, so dass der Getreideanbau für unsere Bedürfnisse ertragreich war. Verkaufen konnten wir aber nichts, da wir alles selbst gebraucht haben, um über die Runden zu kommen.“

Wolfgang Schmitz, Geschäftsführer: Ich habe sehr früh mit Ferienjobs angefangen und habe viele gemacht. Als ich ein Teenager war, habe ich bei einem Landschaftsbaubetrieb gearbeitet und wurde mit 7,50 Mark pro Stunde bezahlt. Das war damals ein ganz guter Lohn. Wir wurden morgens an Grünflächen abgesetzt und mussten diese mähen. Am Ende des Arbeitstages wurden wir und unsere Arbeitsgeräte dann dort wieder abgeholt. Mit dem Lohn konnte ich mir ein Mofa kaufen und damit zur Schule fahren, das war schon was Besonderes. Das Mofa steht übrigens immer noch unter einer Decke in der Garage und es fährt sogar noch.“

Für 100 Mark einen Monat lang die Hühnerställe ausgemistet

Volker Wiebels, Stadtsprecher: Ich habe mit 16 Jahren auf einer Hühnerfarm in Selbeck gearbeitet. Da habe ich für 100 Mark einen Monat lang die Hühnerställe ausgemistet, was eine sehr anstrengende und harte Arbeit war. Von dem Geld habe ich mir einen Taschenrechner gekauft, der genau 100 Mark kostete und alle vier Grundrechenarten beherrschte. So schlimm kann der Job allerdings nicht gewesen sein – es gab Frühstück und Mittagessen – denn ich habe im Jahr darauf wieder dort gearbeitet und für den Lohn habe ich mir meinen ersten Kassettenrekorder gekauft, mit dem man aus dem Radio aufnehmen konnte.“

Dagmar v. Emmerich, Wohltäterin: Ich bekam als Studentin von meinen Eltern 250 Mark, davon musste ich meine Wohnung bezahlen. Wir waren sieben Kinder. Über meinen Vater bekam ich einen Nebenjob am Finanzministerium, da musste ich den ganzen Tag abheften. Das war nicht abwechslungsreich, wurde mit 800 Mark im Monat aber gut bezahlt. Von dem Geld bin ich nach Finnland gereist. Dort habe ich bei einer Gastfamilie gewohnt und als Hausmädchen für zwei Monate gearbeitet. Da habe ich zwar nur 100 Mark verdient, aber das war trotzdem eine wunderschöne Zeit. Zudem waren ja Wohnung und Essen inklusive.“

Helmut Schäfer, Theaterleiter: Mit 18 nach dem Abitur hatte ich einen Job bei Ford in Köln im Ersatzteillager. Ich habe in einem kleinen Team mit einem Türken und einem Italiener zusammengearbeitet. Es war die Schwerarbeiterzone. Unser Vorarbeiter war oft angetrunken, und der Italiener kam oft nicht. So haben der Türke und ich das Meiste stemmen müssen. Wir mussten schwere Autoteile an bestimmte Stellen bringen, wo sie von einem Arbeiter mit Pick-up abgeholt wurden. Oder wir haben in riesige Regale Schrauben sortiert. Ich hab’ in zwei Monaten gut verdient und konnte mir eine Orient-Reise leisten.“