Mülheim. . Zwei Schülerinnen entwickelten kreative Ideen für die Werbeagentur „Deutsche Handarbeit“.

Ein 0815-Praktikum sollte es für zwei Schülerinnen nicht sein. Christina Cernoivanov und Elisa Zöllner aus Mülheim bewarben sich bei der Mülheimer Werbeagentur „Deutsche Handarbeit“ als „Agenturchefinnen auf Zeit“.

„Jetzt mal alle zur Kamera schauen. Lächeln, Musik ab und los geht’s...“, ruft Elisa Zöllner durch die Vorburg von Schloss Horst in Gelsenkirchen; Christina Cernoivanov führt die Kamera. Und die 20 Tänzer vom „Tanzstudio Essen“ – Kinder, Erwachsene, Profis und Laien – legen los mit ihrer einstudierten Performance im historischen Ambiente. Allen voran Tanzlehrer Pedram Zamani. Der 22-Jährige dreifache Weltmeister und achtfacher deutscher Meister auf dem Parkett hat sich im Schloss auf ein Wagnis eingelassen; denn der Tanzprofi spielt heute mal die Nebenrolle. Er hat die beiden Mädels von der Werbeagentur „Deutsche Handarbeit Junior“ engagiert, um fürs Studio eine eigene Internetseite zu gestalten, auf der es ein Video geben soll, das verschiedene Tänze zeigt. Und das ganz ohne Referenzen der beiden Schülerinnen. Denn ihre Agentur ist eine Agentur auf Zeit, sie selbst sind Praktikantinnen und bloß Agenturchefinnen auf Zeit. Worum es geht und was zu tun ist, wissen die 18-jährige Christina und die 16-jährige Elisa trotzdem.

„Ein Praktikum bei mir?"

Eigentlich waren beide nur ziemlich spät dran mit ihren Bewerbungen, denn ihr Praktikum sollte vier Wochen vor den großen Ferien beginnen. Übers Internet haben sie gesucht, ein paar Agenturen herausgesucht und sie angeschrieben. Doch die Antworten blieben aus; nur eine einzige Werbeagentur meldete sich.

„Ein Praktikum bei mir? Mit so was hab’ ich keinerlei Erfahrung“, heißt es am Telefon. Der, der da am anderen Ende der Leitung in Gedanken eigentlich schon den nächsten Auftrag beackert, ist Marian Prill, Chef der Werbeagentur „Deutsche Handarbeit“ aus Mülheim, die er zusammen mit Agenturgründer Jan Schekauski betreibt. Eigentlich ist sie an der Moränenstraße beheimatet, doch dort wurde es schnell zu eng. Seither gibt es eine Agentur-Dependance an der Stadtgrenze zwischen Essen und Oberhausen, in einer früheren Trinkhalle. Dort sind die beiden Schülerinnen eingesetzt.

Eigene Kunden und Konzepte

Marian Prill. Foto: Gerd Wallhorn
Marian Prill. Foto: Gerd Wallhorn © WAZ FotoPool

Denn Prill und Schekauski mögen’s gerne unkonventionell. Und so bietet Prill den Schülerinnen einen Deal an: „Ihr macht bei mir das Praktikum, als Agenturchefinnen auf Zeit. Ihr sucht euch eigene Kunden, erarbeitet ein Konzept für sie und überlegt, was sie wirklich für ihre Vorhaben brauchen. Wir helfen euch bei allem und stehen euch zur Seite und unser Programmierer Thorsten Krüger setzt alles nach euren Wünschen um.“

Agenturchefinnen auf Zeit statt Kaffekochen und Kopieren 

Ein Angebot, bei dem die Mädels nicht nein sagen können. „Wir hatten uns eigentlich schon auf Kaffeekochen, Kopieren und Hilfsarbeiten eingerichtet“, meinen sie. Solche Tätigkeiten, wissen beide von Mitschülern, seien im Praktikum oft an der Tagesordnung. „Auf das, was uns hier geboten wird, sind sicher viele neidisch“, sagt Christina. „Ich hab’ mich riesig gefreut, dass sie das Angebot angenommen haben, denn lernen können schließlich immer beide Seiten voneinander“, so der Agenturchef.

Als ihren ersten Kunden können die Junior-Chefinnen das Restaurant „Taj Mahal & Sole Mio“ in der Mülheimer Innenstadt gewinnen. An ihren ersten Besuch beim „Indaliener“, wie sie Koch Aurang Zeb Cheema nennen, der neben indischen Gerichten Pizza und Pasta auf der Speisekarte führt, kann sich Elisa gut erinnern. „Wir mussten erst essen, bevor es ums Geschäftliche ging“, sagt sie. Da kam beiden eine Idee. „Wir wollen, dass der Gast die Speisekarte auswendig lernt“, so Christina. Was sich beim ersten Hinhören wie eine Schnapsidee anhört, entpuppt sich als Klick-Magnet im Internet. Denn dort ist der „Indaliener“ seit kurzem mit einem eigenen Browserspiel vertreten, das ebenfalls an mobilen Computern und Smartphones gespielt werden kann.

Spielend lernen

Elisa und Christina schicken Küchenchef Aurang Zeb Cheema im Spiel mit einem Heißluftballon in die Luft; der Spieler muss ihm helfen, Gerichte aus der Karte über den Dächern der Kunden abzuwerfen. Dabei lernen sie nach ein paar Durchläufen, wie teuer Spaghetti, Pizza Margherita, Chicken Annakari oder Linsensuppe in seinem Restaurant sind.

„Wer den Highscore knackt, wird zum Essen eingeladen“, stellt Elisa die Idee dahinter vor. Fürs Internet-Portal „Youtube“ hat sie mit Christina eine Anleitung entwickelt, die als Video daher kommt. Da sie nicht sofort erkannt werden will, hat sie eine Gorilla-Maske auf dem Kopf. Marian Prill findet’s super und scherzt: „Sie können jetzt nicht nur Guerilla-, sondern ebenfalls Gorilla-Marketing.“ Beide hätten im Praktikum viel gelernt. Und wer weiß: Vielleicht werden sie nach der Schule zu Agenturchefinnen auf Dauer.

Marian Prill ist jedenfalls überzeugt: „Wenn es nach mir geht, können wir demnächst gerne noch ein paar Projekte gemeinsam angehen – natürlich gegen Bezahlung.“ Denn wenn die Schülerinnen für seine Agentur arbeiten, „soll auch für sie etwas bei rausspringen“.

Das Spiel „Fliegender Indaliener“ gibt’s auf www.indaliener-muelheim.de; ein Blog der Schülerinnen findet sich auf: www.facebook.com/DeutscheHandarbeitJunioren