Mülheim.

Es herrscht große Aufbruchstimmung an der Grundschule an der Gathestraße. Die Viertklässler rennen durch die Flure und sammeln Unterschriften auf ihren Abschieds-T-Shirts, die Zweitklässler werden zwischen unzähligen Kisten und Kartons unterrichtet. Rund herum sind die Kinder von hohen Pappkartontürmen umzingelt, die auf den ersten Blick Chaos suggerieren.

Mitten drin ist auch Katharina Langenscheidt, Klassenlehrerin der 2. Klasse. „Ich habe fünf Tage gebraucht, um meine Materialien einzupacken und die Kartons zu beschriften. Die Kinder haben mir dabei geholfen insgesamt 47 Kartons zu befüllen.“ Im nächsten Schuljahr empfängt sie ihre Klasse dann an der Erich Kästner Grundschule – dann müssen die 47 Kartons wieder ausgepackt sein.

Ende der ältesten Grundschule

Trotz der ganzen Hektik lag es dem Lehrerteam um Schulleiter Hans-Gerd Krimphove besonders am Herzen, dass „den Kindern ein normaler Schulbetrieb gestaltet wird“. Jedes Kind sollte das Gefühl vermittelt bekommen, dass auch kurz vor der Schließung noch viele schöne Sachen gemacht werden. „Dass wir ganz im Sinne der Kinder handeln, gefällt natürlich auch den Eltern sehr gut.“

Die Eltern schwelgten in Erinnerungen, als ihnen von der sukzessiven Schließung der Schule berichtet wurde, denn die Schule an der Gathestraße ist die älteste Grundschule Mülheims. Viele Mülheimer Generationen sind hier - seit der Gründung als Volksschule im Jahre 1875 - unterrichtet worden.

Schulleiter spielt Zuckowski

Als der Schulleiter im Herbst 2011 von der Schließung unterrichtet wurde, war er überrascht, denn „ die Lage war nicht dramatischer als an anderen Schulen.“ Über Gründe könne er nur mutmaßen. Einer könnte sein, dass das Einzugsgebiet nie ganz genutzt werden konnte, aufgrund des riesigen Gewerbegebietes in der Nachbarschaft.

Um den Kindern einen unvergesslichen Abschied zu bieten, ist einiges geplant. In der letzten Woche ist der Kinderzirkus Soluna an der Schule zu Gast. Die Kinder werden dann in Gruppen Auftritte einstudieren. Am letzten Schultag gibt es ein Abschiedsfrühstück, bei dem das Lied „Alte Schule, altes Haus“ von Rolf Zuckowski gemeinsam gesungen und vom Schulleiter persönlich auf der Gitarre begleitet wird.

Überraschung geplant

Zusätzlich dürfen sich die Schüler noch auf eine Überraschungsaktion freuen. Um was es da geht, will der Schuldirektor aber nicht preisgeben, „schließlich soll es ja eine Überraschung bleiben“. Das Schulgebäude wird aber in Betrieb bleiben. Die Hauptschule am Hexbachtal zieht dort im nächsten Schuljahr mit der siebten Klasse ein. Die fünfte und sechste Klasse der Hauptschule sind seit einem Jahr bereits im Nebengebäude.

Quo vadis, Pauker? 

Wird eine Schule aufgelöst, dann braucht das Lehrpersonal einen neuen Arbeitsplatz. Das ist manchmal gar nicht so leicht. Hans-Gerd Krimphove, Schulleiter der Grundschule an der Gathestraße, macht auf die Probleme aufmerksam.

Besonders für jüngere Schüler, die plötzlich in ein neues Umfeld kommen, kann ein Schulwechsel schwierig werden. Die Kinder wollen bekannte Gesichter sehen. Als klar wurde, dass die beiden dritten sowie die zweite Klasse der zu diesem Schuljahr auslaufenden Gatheschule geschlossen an die Erich-Kästner-Grundschule wechseln, wollte die Lehrerschaft mitwechseln. Das konnte zwar nicht ermöglicht werden, aber wenigstens die Klassenlehrer konnten in der Erich-Kästner-Schule unterkommen und werden ihre Schützlinge zum neuen Schuljahr wieder begrüßen können.

Arbeitslos wird niemand

Den anderen Lehrern wurden Lehrstellen im Umkreis angeboten. „Keiner aus dem Kollegium wird arbeitslos oder gegen seinen Willen irgendwo hingesteckt“, erklärt Krimphove. Der Rektor selbst wird seine letzten drei Jahre vor der Pensionierung noch an einer Essener Grundschule als Schulleiter absolvieren. Die Abwicklung der Lehrverträge werde dabei ebenso zu einem komplizierten Vorgang, schließlich haben viele Lehrer einen unterschiedlichen Status.

Da der Schulstandort als solcher von der Hauptschule am Hexbachtal weitergeführt wird, kann einer weiterhin seinen gewohnten Job tun: der Hausmeister.