Mülheim. .
Bei der Archivierung des Nachlasses des großen amerikanischen Regisseurs, Produzenten und Drehbuchautors Stanley Kubrick, der 1999 starb, hat Bernd Eichhorn drei Jahre lang auf dessen schlossähnlichen Landsitz Childwickbury Manor bei London gelebt. Und obwohl er sehr nett von der Familie aufgenommen worden sei, „ist man mitunter manchmal sehr einsam“.
Was in der Natur der Sache liegt. Schließlich muss ein Archivar in Hallen, Lagern, Kellern, auf Dachböden und in hintersten Ecken wuseln, um Sammlungen und Materialkonvolute jeglicher Art aufzuarbeiten. Seit 25 Jahren ist dies das Spezialgebiet von Bernd Eichhorn. „Man muss neugierig sein“, sagt der ruhige Mann. Präzise, geduldig und vielleicht auch ein bisschen pingelig ebenso.
Filmmaterial für Wim Wenders sortiert
Für den deutschen Filmemacher Wim Wenders hat Eichhorn in Berlin schon einmal kistenweise Filmmaterial sortiert und Datenbanken gefüllt. Ab Mai wartet die nächste große Aufgabe auf ihn: In die frisch gegründete Wim Wenders-Stiftung in Düsseldorf „soll sein künstlerisches Werk eingeführt werden“, sagt Eichhorn. „Dafür werden in Berlin bereits die Sachen zusammengetragen.“ Filme ebenso wie Zug um Zug sein fotografisches, künstlerisches und literarisches Werk.
Wenders Gesamtwerk soll als Ganzes gepflegt, erhalten und der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. Ein neuer Auftrag für den Archivar aus Berlin, der eigentlich Filmwissenschaften studiert hat, der zu ihm passt wie der Martini zu James Bond. Schließlich hatte ihm Wenders nach getaner guter Arbeit bereits 2001 ins Buch geschrieben: „Alles Gute und heißen Dank.“
Zum großen Ganzen zusammenfügen
Ein gern gesehener Gast ist der 52-Jährige auch im Hause Hirsch. Vor einigen Jahren ließ Ursula Hirsch von Eichhorn den Nachlass ihres verstorbenen Ehemannes Werner Graeff in einem Werkverzeichnis aufarbeiten. Graeff (1901 - 1978) war nicht nur ein anerkannter Maler und Bildhauer, sondern auch Gestalter von Fahrzeugkarosserien, Erfinder - darunter von einer der ersten Miniaturkameras -, Fotograf, Autor und Herausgeber vieler Bücher. Nach vollendeter Dokumentation ging das Graeff-Gesamtwerk mit wenigen Ausnahmen ins Landesmuseum Wiesbaden.
Nun ist das Gesamtwerk der Künstlerin Ursula Hirsch dran. Auf dem Dachboden steht Eichhorn mit weißen Baumwollhandschuhen, nimmt sich Bild für Bild vor, um sie in Mappen zu sortieren. Vorher werden alle Daten in den Laptop eingegeben und im speziellen Programm dokumentiert.
Ein längst vergessener Schatz ist dabei aufgetaucht: Scherenschnitte von 1947. „Damit habe ich angefangen“, sagt Ursula Hirsch. Sie ist froh, den Archivar an ihrer Seite zu haben, der ihr bisheriges Schaffen zu einem großen Ganzen zusammenfügt. „Das ist aufregend. Das ganze Leben kommt zurück.“