Mülheim. . Durch leises Wimmern ist eine Mülheimerin am frühen Mittwochmorgen auf ein ausgesetztes Baby aufmerksam geworden. Das Neugeborene lag auf der Fahrbahn in der Kälte. Die Polizei geht davon aus, dass die minderjährige Mutter in einer „sehr verzweifelten Ausnahmesituation“ gehandelt hat.

Neugeborenes auf der Fahrbahn der Straße Scharpenberg gefunden – hinter der verstörenden Meldung der Polizei am frühen Mittwochmorgen dürfte sich eine tragische Geschichte verbergen, bei der zu hoffen ist, dass sie zu einem guten Ende für Mutter und Kind kommt.

Eine aufmerksame Anwohnerin (48) hatte gegen 5.30 Uhr draußen vor der Tür ein Wimmern gehört und beim Nachsehen einen frisch entbundenen Säugling in der Kälte auf der Straße gefunden. Sie kümmerte sich um das Kind und alarmierte einen Notarzt. Das kleine, unfachmännisch entbundene Mädchen wurde in eine Fachklinik gebracht. Das Neugeborene war durch die Kälte stark unterkühlt.

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Die groß angelegte Suche nach der Mutter im Umfeld des Fundortes, wobei auch Beamte der Einsatzhundertschaft eingesetzt wurden, führte kurz nach 9 Uhr zu einer Minderjährigen. Auch die junge Mutter musste in ein Krankenhaus eingeliefert werden und wird dort ärztlich betreut.

Verzweifelte Ausnahmesituation

Von einer „Kurzschlusshandlung“, spricht inzwischen die Polizei, und von einer „sehr jungen“ Mutter in einer „sehr verzweifelten Ausnahmesituation“. Die junge Frau, die noch in ihrer Familie lebe, sei am Mittwoch nicht vernehmungsfähig gewesen.

Das Mülheimer Jugendamt hat inzwischen die Amtsvormundschaft für das neugeborene Mädchen übernommen und tritt damit an die Stelle der Eltern, erklärte Stadtsprecher Volker Wiebels auf Anfrage. Das Wohl des Kindes und seiner jungen Mutter stehe dabei an erster Stelle. Natürlich dürften Mutter und die Großeltern das Kind sehen. „Das Kind und die minderjährige Mutter werden nun von uns amtlich begleitet. Wenn es sich machen lässt, ist es immer gut, wenn ein Kind bei der Mutter bleiben kann.“ Doch erst einmal müssten beide wieder gesund werden.

Das Jugendamt werde nur dann präventiv tätig, wenn eine Familie als gefährdet gilt. Es handele sich hier aber um eine völlig unauffällige Familie, betonte Wiebels. Es gibt zwei weitere Fälle in Mülheim, bei der die Stadt die Amtsvormundschaft für die Kinder minderjähriger Mütter bis zu deren Volljährigkeit übernommen hat.

Nicht selten verdrängen junge Schwangere ihren Zustand

Aus ihrer Arbeit bei der Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle Donum Vitae kennt Ulla Höhne auch sehr junge schwangere Mädchen – wenn auch nicht sehr viele. Im letzten Jahr suchte eine unter 14-Jährige Hilfe, 24 werdende Mütter waren zwischen 14 und 17 Jahre alt. Die Zahlen gelten für Mülheim und Oberhausen, weil Donum Vitae in beiden Städten berät. „Nicht alle, die das Kind dann bekommen haben, kommen auch wieder zu uns“, sagt die Sozialpädagogin. Gerade in Mülheim gebe es mit Awo, Diakonie, Caritas viele Anlaufstellen für junge Schwangere.

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Die erfahrene Beraterin hat es schon häufiger erlebt, dass jungen Mädchen ihre Schwangerschaft nicht bewusst ist, dass sie ihren Zustand verdrängen, vor sich selbst, vor der Familie, vor dem Freund – bis hin zur Geburt.

Ulla Höhne erinnert sich gut an eine 17-Jährige. „Die war in der 34. Woche, und man hat ihr nichts angesehen“. Ihre Mutter hatte letztlich zum Arztbesuch gedrängt, kam mit zur Beratung. Meist kämen die jungen Frauen aber erst mal allein. „Die Eltern reagieren aber oft nicht so, wie es die jungen Frauen befürchten“, weiß Ulla Höhne, sie unterstützten ihre Töchter. „Die meisten Großeltern bekommen das gut hin. Und wenn nicht, gibt es in der Nähe gute Mutter-Kind-Heime.“