Mülheim.
Vincenzo Ianella blickt skeptisch. Vor dem Besitzer des Eiscafés Rizzardini steht ein Eisbecher auf dem Tisch. Eigentlich nichts Ungewöhnliches in einer Eisdiele. „Sollen wir probieren?“ fragt Ianella. Er schaut immer noch ein wenig misstrauisch auf den Eisbecher einer Fastfoodkette, den ein „McFlurry“-Schriftzug ziert.
Jedes Kind kennt dieses Eis. Vincenzo Ianella, 64 Jahre alt, hat es noch nie gegessen. Wozu auch? Zusammen mit seiner Frau Patrizia (53) führt er seit 1991 sein eigenes Eiscafé in Broich.
Seit 1991 ein eigenes Eiscafé
Ianella holt zwei Plastiklöffel hervor und reicht einen herüber. Er kostet das Eis. „Schlecht ist das nicht“, urteilt der Italiener. „Trotzdem bleibt es Industrieeis!“ Und genau darum geht es Vincenzo Ianella.
Am 24. März findet – verabschiedet vom Europa-Parlament in Straßburg – der erste Europäische Tag des handwerklich hergestellten Speiseeises statt. Das ist eine Branche, die 50.000 Eiscafés und 300.000 Beschäftigte in Europa umfasst.
Trotzdem mache die Eis-Industrie jedes Jahr 90% des Umsatzes auf dem Speiseeismarkt in Deutschland aus, so Ianella. Für die Eiscafés bleibt, was die Industrie ihnen übrig lässt.
Kreatives Handwerk
Für Vincenzo Ianella und seine Mitstreiter ist es höchste Zeit, die Unterschiede hervorzuheben. Er versteht seine Arbeit als ein kreatives Handwerk: „Die meisten Leute denken, man wäre ein Eisverkäufer. Dabei ist es ein richtiges Gewerbe – mit Ausbildung!“ Dieses Handwerk stelle hohe Anforderungen, insbesondere an die Zutaten. „Wir brauchen immer frisches Obst“, sagt Patricia Ianella. „Es werden nur frische Zutaten bei uns verwendet“, ergänzt ihr Mann.
Selbst die Milch würde vor Ort und Stelle pasteurisiert. Das will der Mann auch gleich beweisen und führt in den Keller, um dort die Maschinen zu zeigen. Er ist stolz auf das, was er tut. „Wir machen die ganze Arbeit: vom Pasteurisieren der Milch bis zur Kugel in den Becher“, fasst es Patrizia Ianella zusammen.
Der Europäische Tag des handwerklich hergestellten Speiseeises solle nun mit den Vorurteilen gegenüber dem Gewerbe aufräumen? Die Ianellas stimmen zu. Sie sind bereit, ihre Leidenschaft, das Herstellen von Eis, zu verteidigen. „Der Geschmack sollte überall verschieden sein“, sagt der Norditaliener. Das Industrieeis schmecke aber überall gleich.
Immer frisches Obst
Ein gutes Urteil fällte er aber über die Kostprobe aus dem Schnellrestaurant. Die Industrie habe mit den Aromen viel erreicht, gibt Vincenzo Ianella zu. Ob sie aber an seine eigene Kunst heranreicht? Ianella steht auf und geht in Richtung Theke. Er kommt zurück, mit einem neuen Plastiklöffel in der Hand: Karamell-Eis. Dieselbe Geschmacksrichtung, wie der gekaufte Eisbecher. Er reicht den Löffel. „Probieren Sie selbst!“