Mülheim. .
Die Klassiker gehen immer: Schokolade, Vanille, Zitrone, Erdbeere schlecken Oma und Enkel gerne. Und ein weiterer Klassiker läuft seit Jahrzehnten gut: Seit über 80 Jahren wird an der Kirchstraße Eis selbst hergestellt und verkauft.
1930 stellte Bäcker Fritz Hack zu seinem Ofen eine Eismaschine und eröffnete eine Eisdiele. 1960 fand er in der Familie Rizzardini Nachfolger – und plötzlich gab es in Broich echt italienisches Eis. Das blieb so, als die Rizzardinis 1991 genug Spaghetti-Eis durch den Wolf gedreht hatten und den Portionierer an Vincenzo und Patrizia Ianella weitergaben. Seit 20 Jahren stehen sie an der Kirchstraße hinter der Theke.
Für das Ehepaar war es das Ende einer Rundreise. Geboren wurde Vincenzo Ianella in den Dolomiten, seine Frau Patrizia stammt aus einem Ort an der nördlichen Adriaküste. Am dortigen Strand griff sie erstmals zur Eiskelle, verkaufte kühle Kugeln an Touristen. „Aber die Saison war kurz, nur vier Monate. Ich hatte gehört, dass die Saison in Deutschland länger ist“, erinnert sich die 52-Jährige zurück. 1982 war das, und trotz Abitur sah sie in ihrem Heimatland für sich keine Zukunft.
Die fand sie in Ulm. Dort nämlich traf sie Vincenzo, der bereits „in ganz Deutschland Eis verkauft“ hatte. Doch die frisch Vermählten hatten genug vom Herumreisen, wollten ein eigenes Eiscafé betreiben. In Ulm war das aber schwierig, sagt Ianella: „Das ist so nah an Italien, dass man Glück haben muss, dort eine freie Eisdiele zu finden.“
500 Kilometer weiter nördlich sah das anders aus. „Durch Zufall“ wurden sie Nachfolger der Rizzardinis und in Mülheim heimisch. Ihre beiden Söhne, 13 und 19 Jahre alt, wurden an der Ruhr geboren, der ältere steht kurz vor seinem Abitur. Auch deshalb ist es nicht mehr möglich – wie in den ersten Jahren –, das Café für vier Monate dicht zu machen und den Winter in Italien zu verbringen: „Wir fahren heute nur zwei Wochen über Weihnachten runter.“
Mit den Jahren hat sich das Eis-Geschäft geändert. „Für uns in der Peripherie“, sagt der 62-jährige Inhaber, „ist es schwieriger geworden.“ Deshalb versuchen sie sich von der Konkurrenz abzuheben. Patrizia Ianella: „Ich weigere mich, Fertigmischungen zu nehmen.“ Auch auf Konservierungsmittel verzichtet sie und nutzt Farbstoffe nur in Ausnahmefällen, wie dem „Blauen Engel“. Zudem hat die Chefin ein „Eis der Woche“ eingeführt. Die Kunden wollten heute Abwechslung – auch wenn letztlich nur die Klassiker bleiben.
Laufkundschaft haben die Ianellas kaum, dafür aber viele Stammkunden, die teils aus anderen Stadtteilen zum Eisessen kommen. Ans Aufhören denken die Ianellas übrigens noch nicht. Dennoch kann Patrizia Ianella sich gut vorstellen, zurück nach Italien zu gehen. Dann endet die Rundreise mit dem Ruhestand.