Essen.. Um ihre Finanznot zu lindern, machen Städte immer wieder mehr oder weniger kreative Vorschläge für neue Abgaben: Pferdesteuer, Solariumsabgabe und Nutzungsgebühr für Bürgersteige. So mancher Vorschlag fiel schon dann durch, als den Politikern klar wurde, welchen Aufwand das Eintreiben macht.
Wer vor einer Kneipe oder einem Club in der Schlange wartet, schwebt nicht. Er steht auf dem öffentlichen Bürgersteig. Dafür solle das Lokal doch bitte eine Nutzungsgebühr zahlen, meinten jüngst Mitarbeiter der Kölner Stadtverwaltung. So erfanden sie die Schlangen-Steuer – doch Oberbürgermeister Jürgen Roters kassierte das Vorhaben sofort – die Berechnung wäre zu aufwändig gewesen.
Andere kommunale Steuern dagegen haben Bestand. So hat Oberhausen mit seiner „Steuer auf Vergnügungen sexueller Art“ im vergangenen Jahr etwa drei Millionen Euro erwirtschaftet. Freischaffende Prostituierte in Bonn müssen an umgebauten Parkscheinautomaten Tickets ziehen, bevor sie auf den Straßenstrich gehen. Die Arbeitsnacht kostet sechs Euro. Ähnliche Luststeuern erheben zum Beispiel Köln, Duisburg und Dortmund.
Pferdesteuer zu umständlich
Auch Reiten könnte eine potenzielle Steuerbasis sein, finden zahlreiche Stadtverwaltungen unter anderem in Hessen und Baden-Württemberg. So versuchte die Gemeinde Schauenburg bei Kassel, 350 Euro pro Pferd und Jahr zu erheben. Argument: Mit öffentlichem Geld müssten die Reitwege in Ordnung gehalten werden. Das Vorhaben allerdings scheiterte – die Reiterlobby war zu stark. In Dortmund wurde die Pferdesteuer 2010 geprüft, aber wie die Kölner Schlangen-Steuer wegen zu hohem Aufwand verworfen.
Ebenfalls Protest erntete Witzenhausen in Nordhessen vor Jahren, als die Verwaltung die Abwassergebühren neu berechnete. Hier ließ man sich jedoch nicht beirren. Besitzer von großen versiegelten Flächen – Parkplätzen, Hausdächern – müssen seitdem mehr zahlen, weil von ihren Grundstücken mehr Regenwasser in die städtische Kanalisation fließt. Viele Kommunen auch in NRW haben inzwischen ähnliche Regelungen.
In Essen stiegen die Abwassergebühren für einen Vier-Personenhaushalt dieses Jahr auf 733 Euro. Damit liegt die Ruhrgebietsstadt sowohl bei der Gebührenhöhe als auch bei der Steigerung weit über dem NRW-Schnitt von 691 Euro. Kämmerer Lars Klieve hätte noch mit einer anderen Steuer Kasse machen können, wäre sie vom Innen- und Finanzministerium des Landes nicht abgelehnt worden: der Vergnügungssteuer auf Solarien. Begründung: Welche Steuer kommt als nächstes? Auf Mehreinnahmen von 150 000 pro Jahr muss Klieve nun verzichten.
Bettensteuer wieder gekippt
In anderen Fällen sind die Gegner neuer Stadtsteuern mitunter vor Gericht erfolgreich – wie unlängst im Fall der so genannten Bettensteuer. Unter anderem Köln und Duisburg verlangten Hotels und Pensionen die so genannte Kulturförderabgabe ab. Die Gäste würden während ihrer Anwesenheit schließlich Theater und Konzerte besuchen, argumentierte die Verwaltung. Für Geschäftsreisende hat das Bundesverwaltungsgericht die Bettensteuer kürzlich verworfen.
Zwar sei sie bei privaten Reisen grundsätzlich zulässig, da die entsprechenden Satzungen aber nicht zwischen privaten und beruflichen Übernachtungen unterscheiden, sind sie komplett unwirksam, urteilten die Leipziger Richter.
Weit verbreitet hat sich in den vergangenen Jahren dagegen die Zweitwohnungssteuer. Die Logik funktioniert so ähnlich wie bei der Bettensteuer: Bürger, die anderswo leben, sollen die Infrastruktur in der Stadt ihrer Zweitwohnung mitfinanzieren. Die Abgabe bewegt sich häufig in der Größe einer Monatsmiete pro Jahr. Unter anderem Kassel und Darmstadt erheben diese Steuer, sagt der hessische Städte- und Gemeindebund. Beliebt ist sie auch in Baden-Württemberg und Bayern, wo man wohlhabende Eigentümer von Ferienhäusern am Alpenrand belangt.
Speiseeis wieder steuerfrei
In Steuersachen erfinderisch war der Staat schon immer. Die Bier- und Sektsteuer gibt es seit mehr als 100 Jahren – bis heute wurde sie nie abgeschafft. Anders als die bayerische Speiseeis-Steuer. CSU-Ministerpräsident Franz-Josef Strauss kassierte sie 1971. Heute müssen sich Städte und Gemeinden neue Abgaben meist von den Landesregierungen genehmigen lassen.